Nr. 4/2019
27. Dezember 2019    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 4 / 2019 der EBR-News  

Inhalt

  1. Der Brexit und die Europäischen Betriebsräte
  2. EBR-Klage: wer zahlt den Rechtsanwalt?
  3. Gerichtsentscheidung zum Unterrichtungsanspruch
  4. Aktuelle Entwicklungen auf europäischer Ebene
  5. Beispiele aus der Internet-Arbeitswelt
  6. Neue SE-Umwandlungen
  7. EBR ersetzt SE-Betriebsrat
  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Der Brexit und die Europäischen Betriebsräte

Wird das Vereinigte Königreich zusammenbleiben?


Am 31. Januar 2020 wird die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU zu Ende gehen. Nachdem das Unterhaus zuvor immer wieder den Austrittsvertrag abgelehnt hatte, fand am 12. Dezember 2019 schließlich eine vorgezogene Parlamentswahl statt. Obwohl 50,8% aller Stimmen an Brexit-kritische Parteien und nur 45,7% an die Brexit-Befürworter gingen, konnte Premierminister Boris Johnson dank des Wahlsystems und der zersplitterten Opposition die meisten Parlamentssitze erringen. Es ist eine größere Mehrheit als Margaret Thatcher 1987 gewann. Die Labour-Partei erzielte das schlechteste Ergebnis seit 1935. Die Tories können weitere fünf Jahre regieren und ein Handelsabkommen mit der EU aushandeln.

 

Das Streben Schottlands nach Unabhängigkeit hat mit der Wahl einen neuen Impuls bekommen. Die Schottische Nationalpartei SNP gewann drei Viertel aller Parlamentssitze in Schottland und sieht dies als Argument für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum. In Nordirland erhielten irische Nationalisten erstmals seit der Abspaltung von Irland 1921 mehr Stimmen als die pro-britischen Unionisten. Letztere fühlen sich durch den EU-Austrittsvertrag, der eine Zollgrenze zwischen Großbritannien und Nordirland vorsieht, von Boris Johnson betrogen. Damit könnte eine Debatte über die Zukunft von Nordirland oder eine mögliche Wiedervereinigung der Insel auf die Tagesordnung kommen. Auch in Wales warnte der Vorsitzende der dortigen Regionalpartei schon 2018 vor den "letzten Tagen des britischen Staates".

 

Wahlanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung

Ausblick auf die bevorstehenden Verhandlungen

 

Die juristische Situation ab 1. Februar 2020

 

Mit dem Austritt aus der EU ändert sich zunächst fast nichts, denn das Austrittsabkommen beinhaltet eine Übergangszeit bis 31. Dezember 2020 – einmal verlängerbar bis maximal Ende 2022. In dieser Zeit ist das Land nicht mehr Mitglied der EU, muss sich aber weiter an EU-Regeln halten, ohne eine Mitsprache zu haben (vergleichbar Norwegen). In der Übergangszeit wird die künftige Zusammenarbeit mit der EU ausgehandelt, inklusive die Frage von Sozialstandards und der weiteren Anwendung der EBR-Richtlinie. Sollten diese Verhandlungen scheitern, kommt es zum ungeregelten No-Deal-Brexit ("Sturz von der Klippe"). Somit ist der kritische Moment, vor der die Wirtschaft in den letzten Monaten gewarnt hat, lediglich in die Zukunft verschoben. Für Europäische Betriebsräte, SE-Betriebsräte und Besondere Verhandlungsgremien ändert sich innerhalb der Übergangszeit juristisch nichts. Delegierte aus dem Vereinigten Königreich behalten Sitz und Stimme wie Delegierte aus Norwegen. Auch EBR-Vereinbarungen, die auf britischem Recht basieren, bleiben gültig. Für Klagen ist weiterhin das Central Arbitration Committee (CAC) in London zuständig.

 

Brexit-Empfehlungen der europäischen Gewerkschaften (Stand: September 2018)

Stellungnahme des EGB zum Brexit-Abkommen vom Oktober 2019


EBR-Gründung im Schatten des Brexit


Am 22. Dezember 2016 wurde für die Bose Corporation, ein Hersteller von Audiotechnik für Privatkunden und Automobilindustrie, die Bildung eines Europäischen Betriebsrates beantragt. Nach drei Jahren sind die Verhandlungen zwischen dem Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) und dem Management des US-Unternehmens nun gescheitert. Einen wesentlichen Anteil daran hatte der Brexit. Weltweit hat Bose 8.000 Beschäftigte, davon 1.100 in Europa. Ohne die Belegschaft im Vereinigten Königreich liegt das Unternehmen unter der gesetzlichen Schwelle von 1.000 Arbeitnehmern in der EU.

 

Das Management spekulierte darauf, dass die EBR-Gesetzgebung am Tag des Brexit im Vereinigten Königreich nicht mehr gelten wird und folglich kein EBR gegründet werden muss. Daher fanden in den ersten zwei Jahren faktisch keine Verhandlungen statt. Erst nach Verschiebung des Brexit im Frühjahr 2019 begannen ernsthafte Gespräche. Am 17. und 18. Juni 2019 erarbeitete das BVG am Sitz der zentralen Leitung in Friedrichsdorf (bei Frankfurt) einen Vereinbarungsentwurf, ab diesem Zeitpunkt mit Unterstützung der EWC Academy. Die Positionen beider Seiten waren jedoch derart weit voneinander entfernt und Sitzungstermine nicht mehr ausreichend verfügbar, dass es zu keiner Vereinbarung kam. Somit wird in Kürze der nächste EBR "kraft Gesetz" gegründet, was in US-Unternehmen inzwischen häufiger vorkommt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2019). Bei Bose gilt deutsches Recht.

  2. EBR-Klage: wer zahlt den Rechtsanwalt?

Historisch weitreichende Entscheidung in London


Am 9. Oktober 2019 sprach das Central Arbitration Committee (CAC) erstmals einem Europäischen Betriebsrat das ausdrückliche Recht zu, einen Rechtsanwalt seiner Wahl mit der Einreichung einer Klage zu beauftragen. Solche Kosten gehören nach Meinung des CAC zu den "erforderlichen Mitteln" eines EBR zur Erfüllung seiner Aufgaben. Die britische Tochter des US-Telekommunikationskonzerns Verizon wurde daher verurteilt, Anwaltskosten in Höhe von 10.000 £ zuzüglich Umsatzsteuer innerhalb von 21 Tagen zu überweisen.

 

In der ersten Instanz beim CAC wurden Klagen von Europäischen Betriebsräten in der Vergangenheit meist durch Gewerkschaftssekretäre eingereicht, es gibt dort keine Anwaltspflicht. Im einzigen Fall, in dem die Bezahlung eines Rechtsanwalts bisher zur Debatte stand, wurden dessen Kosten später im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs vom Unternehmen "freiwillig" doch noch bezahlt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Die neue Entscheidung des CAC stärkt Europäische Betriebsräte, die nach britischem Recht arbeiten. Viele konnten sich bisher nicht zu einer Klage durchringen, weil die Kostentragung ungeklärt war. Somit gilt jetzt im Vereinigten Königreich die gleiche Regelung wie in Deutschland: der Betriebsrat klagt und der Arbeitgeber zahlt beide Anwälte, seinen eigenen und den des Betriebsrates.

 

Die Entscheidung im Wortlaut (siehe ab Seite 25)

 

Bruch mit der angelsächsischen Tradition der Arbeitsbeziehungen

 

Angelsächsische Manager sind es gewohnt, ausschließlich mit Gewerkschaften zu verhandeln, denn Betriebsräte gab es früher nicht. Wenn es zu Gerichtsverfahren kommt, zahlt jede Seite ihren Anwalt. Warum soll für den Betriebsrat etwas anderes gelten? Der Unterschied ist, dass Gewerkschaften nur ihre Mitglieder vertreten, die freiwillig Beiträge bezahlen. Der Betriebsrat vertritt dagegen die gesamte Belegschaft und wird von allen gewählt, ob sie nun einer Gewerkschaft angehören oder nicht. In den meisten Ländern hat er kein eigenes Budget, er ist eine Kostenstelle (Abteilung) im Unternehmen mit besonderen Rechten. Das Unternehmen zahlt alle Arbeitsmittel, Schulungen und Sachverständige, die für seine Aktivitäten erforderlich sind. Dazu gehören auch Rechtsanwälte. Auf dieser Grundphilosophie basiert die EU-Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat und die seit 2005 geltende Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung am Arbeitsplatz (siehe Bericht in den EBR-News 2/2006). Im Vereinigten Königreich und in Irland ist dies ein Bruch mit dem traditionellen Modell der Arbeitsbeziehungen, das seit der Industriellen Revolution dort vorherrschte. In jüngster Zeit zeigt sich dies auch in den Debatten zur Arbeitnehmerbeteiligung in der Corporate Governance (siehe Bericht in den EBR-News 4/2018).

 

Die Situation in anderen Ländern

 

In Frankreich verfügt der Betriebsrat über ein eigenes Budget, das laut Gesetz mindestens 0,2% der Bruttolohnsumme des Betriebes ausmacht. Der Arbeitgeber überweist dieses Geld auf ein Bankkonto des Betriebsrates. Daraus kann er bei einem Rechtsstreit seinen Anwalt bezahlen. In der Regel haben auch die Europäischen Betriebsräte nach französischem Recht ihr eigenes Budget. Gewinnt der EBR einen Rechtsstreit, kann er seine Kasse durch eine Strafzahlung der zentralen Leitung auffüllen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2019). Auch in Polen ist für Europäische Betriebsräte ein eigenes Budget gesetzlich vorgesehen. Allerdings gibt es derzeit nur einen einzigen EBR, der nach polnischem Recht arbeitet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016).

 

In Österreich verfügt der Betriebsrat in der Regel über eine eigene Kasse aus der Betriebsratsumlage, die jeder Arbeitnehmer des Betriebes zahlt. Sie beträgt bis zu 0,5% des Bruttoentgeltes und wird von der Belegschaftsversammlung festgelegt. Die Europäischen Betriebsräte nach österreichischem Recht haben dagegen kein eigenes Budget, um einen Rechtsanwalt zu bezahlen. Momentan läuft vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien erstmals ein Rechtsstreit, bei dem diese Frage eine Rolle spielt. Die zentrale Leitung von Mayr-Melnhof Packaging hat - wie im Fall Verizon in London - die Übernahme von Anwaltskosten abgelehnt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019).

 

In Italien läuft derzeit ein Rechtsstreit gegen das Familienunternehmen Sofidel, das sich weigert, zur konstituierenden Sitzung des EBR einzuladen und die Reisekosten zu tragen. Die Klage wird von den Gewerkschaften finanziert (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019). Dagegen haben die Betriebsräte bei Sofidel noch keinen Versuch unternommen, die zentrale Leitung für Gerichts- und Anwaltskosten in die Verantwortung zu nehmen.

  3. Gerichtsentscheidung zum Unterrichtungsanspruch

Erneut verliert ein US-Unternehmen gegen seinen EBR


Am 9. Oktober 2019 stellte das Central Arbitration Committee (CAC) in London fest, dass der US-Telekommunikationskonzern Verizon seine EBR-Vereinbarung verletzt hat. Im gleichen Urteil wurde auch über die Kostentragung für den Rechtsanwalt des EBR entschieden (siehe oben). Es gab davor zwei andere Fälle von US-Unternehmen, die das CAC zugunsten des Europäischen Betriebsrates entschieden hatte: Emerson Electric (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016) und Oracle (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018). Allerdings verhängte das CAC keine Sanktionen, wie sie die EBR-Richtlinie vorschreibt.

 

Der Ablauf der Ereignisse bei Verizon

 

Auf Initiative der zentralen Leitung kam der engere Ausschuss des EBR am 10. Januar 2019 zu einer Sondersitzung nach London. Sie informierte ihn über eine geplante Umstrukturierung in acht Ländern mit 216 betriebsbedingten Kündigungen. Die Sitzung dauerte von 10.00 bis 12.30 Uhr und beinhaltete eine halbstündige interne Besprechung der Arbeitnehmervertreter. Alle Unterlagen waren als "streng vertraulich" deklariert. Der französische EBR-Vorsitzende erklärte, dass unter diesen Umständen kein Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren möglich und die Sitzung nicht als der Beginn eines solchen Verfahrens anzusehen sei. Am 24. Januar 2019 informierte die zentrale Leitung die Belegschaft, dass die Entlassungen beginnen. Der EBR-Vorsitzende schrieb am gleichen Tag an die zentrale Leitung und wies auf den Gesetzesverstoß hin:

 

Wir möchten Sie daran erinnern, dass vor der Umsetzung grenzüberschreitender Betriebs-änderungen eine Konsultation mit dem EBR erforderlich ist, damit der EBR die Entscheidung beeinflussen kann, bevor sie getroffen wird. Wir warten immer noch darauf, dass Sie den EBR informieren, bevor Sie die Restrukturierung durchführen.

 

Der Arbeitgeber bestätigte schriftlich, dass er die Entlassungen ohne Konsultation des EBR umsetzen wird. Daraufhin beantragte der EBR am 9. April 2019 die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens, das die EBR-Vereinbarung vorschreibt, bevor der Gerichtsweg möglich ist. Die Schlichtungsstelle gab am 7. Juni 2019 detaillierte Empfehlungen für die künftige Zusammenarbeit ab, stellte jedoch keinen Gesetzesverstoß fest. Daher reichte der EBR am 20. Juni 2019 Klage ein. Am 30. September 2019 fand die mündliche Verhandlung beim CAC in London statt. Am Ende dieser Gerichtsverhandlung gab die zentrale Leitung folgende Erklärung ab:

 

Verizon begrüßt die Gelegenheit, die sich aus dieser Gerichtsverhandlung ergibt, um sich per-sönlich beim EBR zu entschuldigen. Verizon hätte im Einklang mit seinen Verpflichtungen über Projekt D informieren und mit ihm Rücksprache halten müssen. Es hat dies nicht getan und dafür entschuldigt es sich öffentlich.

 

Trotz dieses Schuldeingeständnisses hat sich jedoch am Verhalten der zentralen Leitung gegenüber dem EBR nichts geändert. Am 10. Oktober 2019 reichte er die nächste Klage beim CAC ein.

 

Die Entscheidung im Wortlaut

  4. Aktuelle Entwicklungen auf europäischer Ebene

Europäische Arbeitsbehörde nimmt Arbeit auf


Am 16. Oktober 2019 fand in Brüssel die Eröffnungfeier für die neugegründete Europäische Arbeitsbehörde (ELA) statt. Ihren Sitz wird sie in der slowakischen Hauptstadt Preßburg haben. Im März 2018 wurden konkrete Pläne vorgelegt, eine Behörde zur Überwachung der EU-Regeln zur Arbeitskräftemobilität zu schaffen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018). Anders als z. B. die Bankenaufsicht kann die ELA aber keine Sanktionen verhängen. Zur Bekämpfung des Entsendebetrugs darf sie aus eigener Initiative keine Kontrollen durchführen und kann nur auf Antrag der EU-Länder handeln.

 

Die Gewerkschaften wollten die Kompetenzen der neuen Behörde weiter fassen. Insbesondere soll sie den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort" sicherstellen. Am ersten Tag legte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) bereits die ersten neun Fälle von Lohn- und Sozialdumping bei grenzüberschreitenden Entsendungen zur Überprüfung vor. Neben Vertretern der EU-Länder haben auch die Tarifpartner im Verwaltungsrat der ELA eigene Sitze und können direkt Einfluss nehmen.

 

Bericht von der Eröffnungsfeier

Die Webseite der ELA

Pressemitteilung des EGB zu den ersten Beschwerdefällen


Gewerkschaften können keine Gesetzgebung erzwingen


Am 24. Oktober 2019 wies das Gericht der Europäischen Union eine Klage des Europäischen Gewerkschaftsverbands für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) ab, die dieser im Mai 2018 gegen die Europäische Kommission erhoben hatte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Laut Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union können die im Rahmen des Sozialen Dialogs getroffenen Vereinbarungen auf Antrag beider Tarifparteien als EU-Richtlinie in Kraft treten. Allerdings gibt es darauf keinen Rechtsanspruch, so die Luxemburger Richter.

 

Die Europäische Kommission weigert sich, eine solche Vereinbarung zur Unterrichtung und Anhörung am Arbeitsplatz für 9,8 Mio. Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes durch EU-Richtlinie umzusetzen. Der Öffentliche Dienst falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU und sei eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten. Für die Gewerkschaften wird mit dem Urteil das Autonomierecht der Tarifparteien bei der Entwicklung sozialer Mindeststandards in der EU und die Rechtsverbindlichkeit ihrer Abkommen in Frage gestellt. Sie verweisen auf den offensichtlichen Widerspruch des Urteils zu der im November 2017 proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Das Urteil im Wortlaut

Informationsblatt des EGÖD

Ausführliche Broschüre mit Hintergrundinformationen

Juristische Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstituts


Hinweisgeber werden durch EU-Richtlinie künftig besser geschützt


Am 23. Oktober 2019 wurde in Straßburg eine neue Richtlinie zum Schutz von Personen unterzeichnet, die Gesetzesverstöße und Fehlverhalten melden. Sie trat am 16. Dezember 2019 in Kraft und wird spätestens in zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt. Alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen zuverlässig funktionierende Meldekanäle einrichten, innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren, sie weiterverfolgen und Hinweisgeber vor Repressalien schützen.

 

Viele große Enthüllungen der letzten Jahre kamen durch Whistleblower ans Licht, die ungesetzliche oder dubiose Machenschaften ihrer Arbeitgeber an die Öffentlichkeit trugen, z. B. die Panama Papers und die Dieselaffäre um Volkswagen. Allerdings laufen Hinweisgeber bislang Gefahr, sich durch ihre Enthüllungen strafbar zu machen. Zukünftig sind neben Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst auch unbezahlte Praktikanten, ehrenamtlich Tätige und Selbstständige geschützt. Auch ihre Unterstützer, etwa Kollegen und Angehörige, werden geschützt. Bis heute haben erst zehn EU-Länder einen umfassenden und ausreichenden Schutz für Hinweisgeber gesetzlich verankert, z. B. Schweden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016). Deutschland gehört nicht dazu.

 

Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht wollen die Gewerkschaften zusätzliche Rechte durchsetzen. So sollen Hinweisgeber sich ausdrücklich von einer Gewerkschaft vertreten und beraten lassen können. In den Geltungsbereich sollen Arbeitnehmerrechte, Diskriminierung sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz einbezogen werden. Auch die interne Berichterstattung an Vorgesetzte oder die Personalabteilung soll unter Schutz gestellt werden. Weiterhin soll sichergestellt sein, dass die Nutzung von Dokumenten am Arbeitsplatz nicht zu strafrechtlichen Konsequenzen führt.

 

Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Hintergrundinformationen zur neuen Richtlinie

Die Richtlinie im Wortlaut

 

Gerichtsentscheidung in London

 

Mit einem Urteil vom 27. November 2019 stärkte der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs den Schutz von Whistleblowern, indem er einer Angestellten des nationalen Postdienstes (Royal Mail) eine ungerechtfertigte Kündigung attestierte. Als Medienexpertin in der Abteilung für Geschäftskunden hatte sie berufliches Fehlverhalten einer Kollegin beobachtet, die ihren Bestandskunden Preisanreize bot, die gegen Leitlinien der Post-Aufsichtsbehörde verstießen, am Ende aber für sie selbst zu einem Gehaltsbonus führten. Nachdem die Whistleblowerin ihren Vorgesetzten darüber informierte, wurde sie massiv unter Druck gesetzt und schließlich entlassen.

 

Das Urteil im Wortlaut

  5. Beispiele aus der Internet-Arbeitswelt

Rating-App: Kapitalismus 4.0 im Beta-Test

Am 20. November 2019 veröffentlichte die Hans-Böckler-Stiftung eine Fallstudie über die Personalsoftware Zonar, mit der sich Angestellte gegenseitig beurteilen – nach dem Vorbild von Bewertungsportalen im Internet. Der Online-Modeversandhändler Zalando nutzt diese Software seit dreieinhalb Jahren für 5.000 Beschäftigte, u. a. am Firmensitz in Berlin. Im Kern geht es darum, alle permanent bewerten, kontrollieren und sanktionieren zu können, und zwar mithilfe digitaler Technologien. Die Forscher befürchten den Anfang einer neuen Entwicklung, die sich rasch in der Digitalwirtschaft ausbreiten könnte. Die Studie führte zu starkem Presseecho und Ermittlungen der Datenschutzbehörden.

 

In diesem Fall sind es nicht Kunden, die ein Produkt bewerten, sondern Arbeitnehmer evaluieren sich gegenseitig; zu einem bestimmten Prozentsatz müssen sie auch negative Bewertungen abgeben. Die Beurteilungen erfolgen abteilungsübergreifend und über Hierarchieebenen hinweg, allerdings werden im Regelfall vor allem Kollegen aus dem alltäglichen Arbeitsumfeld bewertet. Auf Basis der gesammelten Informationen ermittelt ein Algorithmus Punktwerte, um die Belegschaft in drei Gruppen einzuteilen: Low-, Good- und Top-Performer. Diese Rangliste nutzt der Arbeitgeber, um Beförderungen zu verteilen, Lohnsteigerungen zu gewähren oder zu versagen. Zonar zielt nach Meinung der Forscher darauf, eine Kultur sozialer Ungleichheit mit einer verschärften Kontrolle zu kombinieren. Angestellte sprechen von Dauerüberwachung unter Nutzung von "Stasi-Methoden". Die Unternehmensleitung argumentiert, die Software solle lediglich den Beschäftigten helfen, die eigene Leistung besser einschätzen zu können, was dann der Karriereplanung dient.

 

Mitbestimmungskultur nach Startup-Manier

 

Obwohl Zalando 14.000 Beschäftigte hat, gibt es Betriebsräte nur in drei Logistikstandorten und zwei Teilbereichen. Der Widerstand der Unternehmensleitung gegen Betriebsratsgründungen war anfangs recht groß. Stattdessen wurde nach angelsächsischem Vorbild eine "Zalando Employee Participation" eingeführt, ein "arbeitgebergesteuertes Instrument, welches keine amtlichen Rechte hat" (Zitat aus der Studie). Zur Vermeidung der paritätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat wurde Zalando im Mai 2014 in eine Europäische Gesellschaft (SE) umgewandelt, wobei das Besondere Verhandlungsgremium mit arbeitgebernahen Delegierten besetzt und die Gewerkschaft ver.di vollständig übergangen wurde (siehe Bericht in den EBR-News 2/2014). Dies löste einen Rechtsstreit aus, den ver.di aus formalen Gründen nicht für sich entscheiden konnte (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016). Im Gegensatz dazu zeigt der britische Wettbewerber ASOS, dass die Übernahme sozialer Verantwortung auch in der Branche des Onlinehandels möglich ist (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017).

 

Bericht der Hans-Böckler-Stiftung

Die Studie im Wortlaut

Kritischer Kommentar zum Thema

Kritische Analyse aus HR-Sicht

Beispiele aus anderen Unternehmen


Google läßt keine Mitsprache zu

Am 20. November 2019 berichtete die New York Times erstmals darüber, dass die Unternehmensleitung von Google in den USA spezielle Berater engagiert hat, um Arbeitnehmervertretungen zu verhindern ("Union Busting"). Für Technologieunternehmen im Silicon Valley ist das eine überraschende Wendung, denn es ist keine Hochburg von Gewerkschaften oder Arbeitskämpfen. Eine wachsende Gruppe von Technikern - nicht nur bei Google - will mehr Rechte am Arbeitsplatz und größeren Einfluß auf wichtige Unternehmensentscheidungen. So gibt es in der Belegschaft erhebliche Kritik an den Spenden für die Republikanische Partei, der Behandlung von Frauen, Minderheiten und Auftragnehmern, aber auch die Forderung nach einem stärkeren Engagement im Klimaschutz.

 

Ein einschneidendes Ereignis war der "Google Walkout" am 1. November 2018, an dem sich 20.000 der weltweit 94.000 Beschäftigten in 50 Städten beteiligten, um gegen den Umgang des Konzerns mit sexueller Belästigung zu protestieren. Ein derartig koordiniertes Vorgehen braucht Organisatoren. Das Management installierte daher ein Tool in den Webbrowsern der Beschäftigten, um Kalenderereignisse mit mehr als zehn Sitzungsräumen oder 100 Teilnehmern zu kennzeichnen. Faktisch sollte damit die Organisierung der Arbeitnehmer unterbunden werden. Dann wurden einige Organisatoren des Google Walkout ohne Begründung von der Arbeit freigestellt ("administrative leave"), was am 22. November 2019 zu Protesten der Belegschaft vor der Niederlassung San Francisco führte. Inzwischen ermittelt die US-Arbeitsbehörde (National Labor Relations Board), ob es sich um eine Vergeltungsmaßnahme des Unternehmens gegen die Betroffenen handelt.

 

Bericht in der New York Times

Bericht über die Stimmung im Unternehmen

Bericht über die Proteste in San Francisco

Bericht über die Ermittlungen der US-Arbeitsbehörde

 

Erste Schritte zur Bildung von Arbeitnehmervertretungen

 

Am 24. September 2019 stimmte in Pittsburgh (Pennsylvania) erstmals eine Gruppe von Angestellten eines Subunternehmens, die für Google arbeiten, bei einer Urabstimmung für die Anerkennung einer Gewerkschaft als Tarifvertragspartei. Da es in den USA kein Gesetz für Betriebsräte gibt, ist dies die einzige Möglichkeit zur Gründung einer Arbeitnehmervertretung. In Zürich, der mit 2.000 Beschäftigten größten Google-Niederlassung in Kontinentaleuropa, gibt es ähnliche Bestrebungen. Am 21. Oktober 2019 hatten Angestellte eine Versammlung organisiert und zwei Vertreter der Gewerkschaft Medien und Kommunikation (syndicom) eingeladen. Das Management von Google wollte diese Veranstaltung unterbinden, scheiterte aber. In Frankreich gibt es bereits einen Betriebsrat. Die Ereignisse bei Google erinnern an den deutschen Softwarekonzern SAP, wo 2006 nach erheblichen Konflikten ein Betriebsrat gegründet wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2006).

 

Bericht über die Urabstimmung in Pittsburgh

Bericht über die Ereignisse in Zürich

  6. Neue SE-Umwandlungen

Nachhaltige Flucht aus der Mitbestimmung


Am 30. Juli 2019 wurde in Düsseldorf eine SE-Vereinbarung für das börsennotierte frühere Familienunternehmen Centrotec Sustainable unterzeichnet. Es hat seinen Sitz in Brilon (Sauerland) und ist mit 3.000 Arbeitnehmern in elf EU-Ländern auf Energiespartechnologie in der Gebäudetechnik spezialisiert. Nachhaltigkeit ist ein Teil des Firmennamens, sie erstreckt sich jedoch nicht auf die Beteiligung der Arbeitnehmer. Mit der SE-Umwandlung wird die Mitbestimmung im Aufsichtsrat dauerhaft verhindert. Ohne SE-Umwandlung wäre in Deutschland bald ein paritätischer Aufsichtsrat zu bilden, denn mit 1.850 Beschäftigten ist die 2.000er Schwelle nicht mehr weit.

 

Im künftigen SE-Betriebsrat sind nur solche Länder vertreten, die mehr als 50 Arbeitnehmer haben. Er hat 13 Mitglieder: sieben aus Deutschland, drei aus den Niederlanden (680 Beschäftigte) sowie jeweils ein Mandat für drei weitere Länder. Ein dreiköpfiger geschäftsführender Ausschuss führt die laufenden Geschäfte zwischen den jährlichen Plenarsitzungen. Der SE-Betriebsrat kann selbst entscheiden, ob Sitzungen oder die Stimmabgabe verhinderter Mitglieder per Telefon möglich sind. Falls es in kleinen Ländern keine nationalen Arbeitnehmervertreter gibt, kann der SE-Betriebsrat die Belegschaft lediglich durch Aushang informieren, Betriebsbesuche sind nicht vorgesehen. Das Vereinigte Königreich wird mit dem Brexit automatisch aus der SE-Vereinbarung ausscheiden. Insgesamt sind die Regelungen bei Centrotec Sustainable kaum von der Auffangregelung des Gesetzes zu unterscheiden. Auch das doppelte Konsultationsverfahren ist enthalten, falls die zentrale Leitung eine Stellungnahme des SE-Betriebsrates nicht berücksichtigt.

 

Die SE-Vereinbarung im Wortlaut (im unteren Teil der Seite)


US-Investor muss keine Mitbestimmung einführen

Am 18. Oktober 2019 wurde für die Erwin Hymer Group mit Sitz in Bad Waldsee (Oberschwaben) eine SE-Beteiligungsvereinbarung unterzeichnet. Das ehemalige Familienunternehmen mit weltweit 7.300 Beschäftigten baut Wohnmobile und wurde am 1. Februar 2019 vom US-Konkurrenten Thor In­du­s­tries übernommen. Mit der Fusion ist ein neuer Weltmarktführer entstanden. Hymer hatte vor der SE-Umwandlung keine Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Die Flucht aus der Mitbestimmung ist durch die Rechtsform SE jetzt auf Dauer abgesichert.

 

Der 2000 gegründete Europäische Betriebsrat wird nun durch einen SE-Betriebsrat ersetzt, wobei viele Punkte aus der EBR-Vereinbarung beibehalten werden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016). Der SE-Betriebsrat ist nicht nur für länderübergreifende, sondern auch für betriebsübergreifende Themen zuständig, sofern mehr als 100 Arbeitnehmer betroffen sind. Lokale Arbeitnehmervertretungen können ihn mit der Wahrnehmung von Angelegenheiten beauftragen und er kann hierfür spezielle Ausschüsse bilden. Jedes Jahr finden zwei reguläre Plenarsitzungen statt und er hat Zutrittsrecht zu jedem Betrieb. Seine Stellungnahmen müssen innerhalb eines Monats abgegeben werden. Bei Streitigkeiten wird ad hoc eine Schlichtungsstelle mit je zwei Beisitzern und einem neutralen Vorsitzenden gebildet, nach Ablauf eines Monats ist der Gang zum Arbeitsgericht möglich. Sämtliche Tochtergesellschaften im Vereinigten Königreich bleiben nach dem Brexit im Geltungsbereich der SE-Vereinbarung.

 

Informelle Gespräche mit den Anteilseignern

 

Nach jeder Sitzung des Aufsichtsrates findet ein vertrauliches "Anteilseignergespräch" zwischen drei Mitgliedern des SE-Betriebsrates und Vertretern von Thor Industries statt. Dabei sind Sachverständige nicht zugelassen und es wird kein Protokoll geführt. Die Regelung erinnert an das "Board Committee" im französischen IT-Unternehmen Atos (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013).


Elektromobilität mit und ohne Mitbestimmung


Am 12. November 2019 gab das US-Unternehmen Tesla bekannt, dass seine einzige europäische Gigafactory für Elektrofahrzeuge und Batterien in einem Waldgebiet 40 Kilometer östlich von Berlin gebaut wird und 2021 dort die Produktion beginnen soll. In dem Ort Grünheide werden 10.000 Arbeitsplätze entstehen, hinzu kommt ein Design- und Entwicklungszentrum mit Hunderten Arbeitsplätzen in der Stadt Berlin. Bisher wurden Tesla-Autos nur in den USA hergestellt, seit Oktober 2019 auch in China.

 

Die 45.000 Beschäftigten von Tesla klagen über niedrige Löhne, häufige Arbeitsunfälle und ein wenig gewerkschaftsfreundliches Klima. Das Einstiegsgehalt für Fabrikarbeiter liegt nach Aussagen der US-Automobilgewerkschaft 30% unterhalb des Durchschnittslohns der Branche. Seit Januar 2017 gehört die Firma Grohmann Automation mit 800 Beschäftigten aus Prüm (Eifel) zum Konzern. Dort lieferte sich die IG Metall mit dem US-Konzern über Monate hinweg eine massive Auseinandersetzung über einen Tarifvertrag. Die Gehälter wurden am Ende 30% angehoben und es gibt eine Arbeitsplatzgarantie bis 2022.

 

Gründung einer arbeitnehmerlosen SE

 

Das europäische Hauptquartier von Tesla befindet sich derzeit noch in der Nähe von London, soll aber nach Tilburg in den Niederlanden verlagert werden. Von dort kommt der Verwaltungsratsvorsitzende der neu gegründeten Gesellschaft für die deutsche Gigafactory: die Tesla Manufacturing Brandenburg SE, eine Briefkastenfirma mit Sitz in der Privatwohnung eines Rechtsanwalts in Brandenburg an der Havel und damit 112 Kilometer vom geplanten Standort in Grünheide entfernt. Die frühzeitige SE-Gründung ermöglicht es Tesla, die Mitbestimmung im Aufsichtsrat später komplett zu vermeiden.

 

Bericht über die Arbeitsbedingungen in den USA

Bericht über die Tarifsituation in der Eifel

Bericht über die SE-Gründung

Bericht über den Firmensitz in Brandenburg

 

Anders ist die Situation bei Opel in Kaiserslautern, wo am 9. Dezember 2019 bekannt wurde, dass ein französisches Konsortium aus dem Automobilkonzern PSA, zu dem Opel seit 2017 gehört, und dem Energiekonzern Total eine Batteriezellenproduktion mit 2.000 neuen Arbeitsplätzen aufbauen will. Das Konsortium wird parallel dazu auch eine identische Fabrik in Frankreich errichten. Sowohl PSA (siehe Bericht in den EBR-News 3/2008) als auch Total verfügen über Strukturen der Arbeitnehmervertretung, die für französische Verhältnisse vorbildlich sind. Total bereitet gerade die Umwandlung in eine SE vor, wird dabei aber bisherige Beteiligungsstrukturen beibehalten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Bericht über die Pläne in Kaiserslautern

  7. EBR ersetzt SE-Betriebsrat

Saatguthersteller aus Niedersachsen schwächt mitbestimmten Aufsichtsrat

Seit dem 2. Juli 2019 firmiert KWS Saat in Einbeck als SE & Co. KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien). Erst im September 2015 hatte das börsennotierte Familienunternehmen die Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft (SE) gewählt, um auf Dauer die paritätische Mitbestimmung zu vermeiden und die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einzufrieren (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015). Gleichzeitig wurde ein europaweiter SE-Betriebsrat gegründet, der im Februar 2016 die erste Schulung durchführte (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Er vertritt 3.000 Arbeitnehmer in 17 EU-Ländern und wird nun aufgelöst. Auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der SE haben ihr Mandat verloren.

 

Die Rechtsform SE & Co. KGaA wird immer häufiger genutzt, um die bereits mit der SE-Umwandlung eingefrorene Mitbestimmung noch weiter zu schwächen. Dem Aufsichtsrat der SE gehören in einer solchen Konstruktion keine Arbeitnehmervertreter an. Sie werden zwar in den Aufsichtsrat der KGaA entsandt, dieser hat jedoch weniger Rechte. Das Konstrukt wird auch verwandt, um den Einfluss der Inhaber der SE auf das Unternehmen zu sichern, wobei Aktionäre der KGaA lediglich "Kapitalgeber" bleiben. Pionier bei der Umwandlung in diese SE-Konstruktion war der Gesundheitskonzern Fresenius (siehe Bericht in den EBR-News 2/2011). Ihm folgten die Mediengruppe Bertelsmann in Gütersloh, der Baustoffhersteller Sto in Stühlingen am Hochrhein, der Anbieter von Außenwerbung Ströer in Köln, der Automobilzulieferer Borgers in Bocholt und KSB, ein Pumpen- und Armaturenhersteller in Frankenthal. Auch das Familienunternehmen Ottobock in Duderstadt nutzte die Rechtsform, als ein Finanzinvestor sich beteiligte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

 

Die Umwandlung in eine SE & Co. KGaA erfolgt meist über die EU-Verschmelzungsrichtlinie, die auch bei der Fusion von RHI und Magnesita genutzt wurde (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Diese Richtlinie regelt jedoch nur die Mitbestimmung im Aufsichtsrat und klammert das Thema Europäischer Betriebsrat oder SE-Betriebsrat aus. Anders als bei einer SE-Umwandlung kann die zentrale Leitung auf die Bildung eines Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) verzichten und sofort die gesetzliche Auffanglösung anwenden. Bei KWS Saat hätte dies jedoch bedeutet, dass die deutschen Betriebsräte einen von zwei Aufsichtsratssitzen an Frankreich verlieren würden. Um dies zu vermeiden, fand am 30. Januar 2019 eine BVG-Sitzung statt, die nur diesen einen Tagesordnungspunkt umfaßte. Die beiden deutschen Arbeitnehmervertreter, die bisher dem Aufsichtsrat der SE angehörten, wurden auch für den künftigen Aufsichtsrat der KGaA nominiert. An die Stelle des bisherigen SE-Betriebsrates tritt nun ein "normaler" Europäischer Betriebsrat auf Basis der EBR-Richtlinie.

 

Pressemitteilung zum Wechsel der Rechtsform

Details zur Arbeitnehmerbeteiligung bei der Umwandlung (ab Seite 7)

 

Ob die Konstruktion einer derart mitbestimmungsfreien SE juristisch korrekt ist, wird in einem anderen Fall derzeit vor dem Arbeitsgericht Hamburg verhandelt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019).

  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen

Konsumgüterkonzern bekämpft sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz


Am 11. November 2019 wurde in Rotterdam für Unilever eine europaweite Rahmenvereinbarung über Grundsätze und Verfahren zur Bekämpfung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zwischen der zentralen Leitung und dem Europäischen Betriebsrat unterzeichnet. Belästigung gilt als eine Form der Diskriminierung, die Bemühungen um Gleichstellung untergräbt, Arbeitsbeziehungen schädigt und die Produktivität beeinträchtigt. Beispiele aus dem "echten Leben" wurden im Anhang zur Vereinbarung zusammengefasst. Ein weiterer Anhang definiert Mindeststandards, die in lokalen Richtlinien von Unilever-Betriebsstätten enthalten sein müssen. Auf weltweiter Ebene gibt es seit Januar 2016 bereits ein vergleichbares Abkommen mit internationalen Gewerkschaftsverbänden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016) und im März 2019 ist es dem EBR gelungen, ein europäisches Rahmenabkommen zur strategischen Personalentwicklung abzuschließen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019).


Digitalisierungsabkommen für französischen Energiekonzern


Am 28. November 2019 unterzeichnete der Europäische Betriebsrat von Engie mit der zentralen Leitung in Paris eine gemeinsame Erklärung zur Digitalisierung. Engie hat seinen Schwerpunkt bei Erdgas und will in den nächsten zwei Jahren 100% der Belegschaft über digital vernetzte Werkzeuge und Prozesse anbinden. Die Ziele dabei sind: innovativer werden, erneuerbare Energien entwickeln und den Energieverbrauch reduzieren. Die gemeinsame Erklärung schafft einen umfassenden Fahrplan für den sozialen Dialog in diesem großangelegten Umbau auf allen Betriebsebenen in Europa.

 

Der Europäische Betriebsrat arbeitet schon seit mehr als zwei Jahren an diesem Thema, um Folgen für die Beschäftigten genauer zu analysieren. Seit April 2016 gibt es eine Vereinbarung über soziale Garantien und Begleitmaßnahmen bei Umstrukturierungen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016). Engie ist 2008 aus der Fusion von Suez mit Gaz de France entstanden. Damals hatte der EBR ein bis heute bemerkenswertes Gerichtsurteil erzielt, das die gesamte Fusion wegen gravierender Mängel im Konsultationsverfahren für anderthalb Jahre blockierte (siehe Bericht in den EBR-News 1/2008).

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

  9. Der Blick über Europa hinaus

Dänische Molkereigenossenschaft bekämpft sexuelle Belästigung weltweit


Am 4. Oktober 2019 unterzeichnete die zentrale Leitung von Arla Foods, siebtgrößte Molkerei der Welt mit Firmensitz in Viby (Mitteljütland), eine Vereinbarung zur Bekämpfung sexueller Belästigung mit der IUL, dem internationalen Verband der Lebensmittelgewerkschaften. Arla Foods hat Produktionsbetriebe in zwölf und Vertriebsniederlassungen in 30 weiteren Ländern mit 19.000 Beschäftigten. Kernmärkte sind neben Skandinavien auch Deutschland, BeNeLux und das Vereinigte Königreich. 1999 wurde ein Europäischer Betriebsrat gegründet. Darüber hinaus ist Arla Foods in Nordamerika, Westafrika, im Nahen Osten und in China vertreten. Auf internationaler Ebene gibt es regelmäßige Treffen zwischen dem Management und der IUL zur Überwachung der Vereinbarung.

 

Bericht über die Vereinbarung

Die Vereinbarung im Wortlaut


Spanische Textilkette gründet weltweites Gewerkschaftskomitee


Am Sitz der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf wurde am 13. November 2019 eine Vereinbarung zwischen der zentralen Leitung von Inditex und dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund industriALL geschlossen. Das Komitee wird sich einmal im Jahr treffen und besteht aus sieben Delegierten der weltweit wichtigsten Produktionscluster plus zwei Vertretern der spanischen Gewerkschaften CC.OO. und UGT. Seit 2007 ist bei Inditex schon ein weltweites Rahmenabkommen in Kraft, das sich auf die gesamte Produktionskette inklusive der Zulieferbetriebe erstreckt und regelmäßig von einer Arbeitsgruppe überwacht wird (siehe Bericht in den EBR-News 3/2007). Obwohl die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auf globaler Ebene schon lange existiert, wurde ein Europäischer Betriebsrat erst im September 2018 gegründet (siehe Bericht in den EBR-News 4/2018).

 

Pressemitteilung über die Unterzeichnung

Das neue Abkommen im Wortlaut

Bericht über die Anwendung des bisherigen Rahmenabkommens


Sozialstandards für spanisch-deutschen Hersteller von Windkraftanlagen


Am 25. November 2019 wurde in Zamudio (bei Bilbao, Nordspanien), dem Sitz von Siemens Gamesa Renewable Energy, das bestehende internationale Rahmenabkommen erneuert. Gamesa hatte es schon im Februar 2015 mit dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund (industriALL) geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015). Im April 2017 fusionierte Gamesa mit dem Bereich Windenergie von Siemens. Ab sofort sind daher auch die früheren Siemens-Standorte erfaßt, weltweit gilt das Abkommen für 23.000 Beschäftigte.

 

Derzeit finden Umstrukturierungen statt, neben 600 Arbeitsplätzen in Dänemark sollen weitere 600 in anderen Ländern gestrichen werden. Im September 2020 wird Siemens Gamesa zusammen mit der Kraftwerkssparte Gas & Power aus dem Siemens-Konzern herausgelöst und an die Börse gebracht. Das neue Unternehmen Siemens Energy, an dem Siemens dann nur noch eine Minderheitsbeteiligung hält, soll seinen Sitz in Deutschland haben - inklusive paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat und eigener Europäischer Betriebsrat.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Rahmenabkommen im Wortlaut

Bericht von einem europäischen Gewerkschaftstreffen

  10. Interessante Webseiten

Europaweite Gewerkschaftskampagne zur Tarifbindung

Am 26. September 2019 startet industriAll Europe, der europäische Verband der Industriegewerkschaften, eine Kampagne zur Stärkung von Tarifverträgen. Unter dem Motto "Together at work" gibt es eine eigene Webseite dazu. Im Zuge der Sparpolitik nach der Finanzkrise von 2008 wurden die Tarifvertragssysteme in vielen EU-Ländern geschwächt und Entgelte und Tarifstandards gesenkt. Empfehlungen der Europäischen Kommission führten z. B. in Griechenland, Rumänien und Spanien dazu, dass Tarifverträge aufgeweicht und Verhandlungen dezentralisiert wurden. Die Kampagne zielt daher auch auf eine verbindlichere Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte, die im November 2017 proklamiert wurde (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Das Europäische Gewerkschaftsinstitut in Brüssel legte im Herbst 2019 eine Bestandsaufnahme der Tarifvertragssysteme aller 28 EU-Länder vor. Die Studie umfaßt vier Bände.

 

Bericht vom Start der Kampagne in Brüssel

Die Webseite zur Kampagne

Dokumente zur Kampagne mit Berichten aus vier Ländern

Die Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstituts


Kasino-Kapitalismus in der Lebensmittelindustrie

 

Unter dem Motto "Mensch vor Marge" betreibt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) eine neue Webseite, die die Geschäftspolitik von Finanzinvestoren in der Nahrungsmittelbranche kritisch beleuchtet. In Konzernen wie Nestlé und Unilever wird den Aktionären heute eine Rendite von 18,5 bzw. 20% in Aussicht gestellt. Daraus folgt der Verkauf oder die Zerschlagung profitabler Unternehmensteile und der Druck auf tarifliche und soziale Errungenschaften. Renditen werden nicht mehr investiert, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dauerhaft zu sichern, sondern aus Unternehmen abgezogen und dem internationalen Finanzmarkt zugeführt. Aktuelle Beispiele sind die Fischrestaurantkette Nordsee, wo jeder vierte Arbeitsplatz in Bremerhaven bedroht ist, und die angekündigte Schließung des Knorr-Standortes in Heilbronn.

 

Die Webseite "Mensch vor Marge"

Bericht der Gewerkschaft NGG über Finanzinvestoren

Pressebericht über die Pläne bei Nordsee

Pressebericht über die Proteste bei Knorr


Menschenrechte entlang globaler Wertschöpfungsketten

Im September 2019 startete ein Bündnis aus 17 Organisationen, darunter auch Gewerkschaften, in Berlin die Initiative Lieferkettengesetz. Ziel ist es, große deutsche Unternehmen zu verpflichten, im Ausland Menschenrechte und Umweltstandards zu achten. In Frankreich ist ein solches Gesetz seit Januar 2018 schon in Kraft (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016). Etwa 150 französische Konzerne müssen jetzt im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung ihre Lieferketten durchleuchten und sind bei einem Verstoß gegen ihre Sorgfaltspflicht haftbar. Auch im Vereinigten Königreich sind Konzerne gesetzlich verpflichtet, Zwangs- und Kinderarbeit in der Produktionskette auszuschließen. Die deutsche Regierung setzte lange auf eine freiwillige Selbstverpflichtung, hat aber am 9. Dezember 2019 einen Gesetzentwurf angekündigt.

 

Die Webseite der Initiative

Bericht des Deutschen Gewerkschaftsbundes über die Initiative

Ländervergleich: welche gesetzlichen Regelungen gibt es schon?

Studie mit Berichten aus einzelnen Ländern


Europäisches Wirtschaftsrecht für Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten

 

Auf ihrem Mitbestimmungsportal bietet die Hans-Böckler-Stiftung einen Informationsdienst zu EU-Themen, der für Arbeitnehmervertreter in mitbestimmten Unternehmen in Deutschland einzigartig ist. Der Monitor Europäisches Wirtschaftsrecht bietet einen schnellen Überblick über 90 europäische Themen in den Bereichen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht, Kapital- und Finanzmarkt, Wettbewerb, Öffentliche Infrastruktur und sonstige EU-Fragen mit Bezug zu Arbeitnehmerrechten. Dazu gehört auch die Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat.

 

Der Monitor Europäisches Wirtschaftsrecht

Das Stichwort zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie

  11. Neue Publikationen

Warum gibt es in Belgien so wenig Europäische Betriebsräte?

 

Anfang Oktober 2019 veröffentlichte das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) in Brüssel eine Studie, die das Fehlen Europäischer Betriebsräte aus belgischer Sicht beleuchtet. Obwohl 41 belgische Unternehmen einen EBR haben, ist dies in vielen multinationalen Firmen des Königreichs noch nicht der Fall. Die Autoren weisen darauf hin, dass in ganz Europa ein rückläufiger Trend bei der Errichtung von Europäischen Betriebsräten zu verzeichnen ist. Etwa die Hälfte aller Unternehmen, die unter die EBR-Richtlinie fällt, hat 25 Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie immer noch keinen EBR. Gründe hierfür sind Wissensdefizite, das zeitaufwendige Verfahren einer Errichtung, oder die aus Sicht der örtlichen Betriebsräte fehlende Notwendigkeit ("bringt uns keinen Mehrwert, macht aber viel Arbeit"). Die Autoren untersuchten 13 belgische Unternehmen ohne EBR und fanden dort meist einen nur geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrad sowie Funktionsdefizite in der lokalen Betriebsratsarbeit. Eine ähnliche Studie wurde 2007 in deutschen Unternehmen durchgeführt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2007).

 

Download der Studie


Aktuelle Bestandsaufnahme der Gewerkschaften weltweit

Im Oktober 2019, anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Genf, legte das Büro für die Arbeitnehmerseite ACTRAV eine Untersuchung zum aktuellen Stand der Gewerkschaften in der Welt vor. Die an der Universität Amsterdam erarbeitete Studie beleuchtet die Entwicklung der Mitgliederzahlen in den letzten Jahrzehnten. Unter den 18 Weltregionen ist der Organisationsgrad in Nordeuropa mit 63% am höchsten und in den arabischen Ländern mit 5% am niedrigsten. Seit dem Jahr 2000 ist er in allen Weltregionen zurückgegangen, mit Ausnahme von Nordafrika und Südamerika. Besonders stark ist der Rückgang bei jungen Mitgliedern unter 25 Jahren, in Skandinavien hat sich deren Organisationsgrad seit 1990 halbiert. Es gibt keine Region auf der ganzen Welt, in der die Neigung zum Gewerkschaftsbeitritt niedriger ist als in den drei baltischen Staaten.

 

Download der Studie

Interview mit dem Autor

Die Arbeitnehmerdelegation der IAO


Länderstudien über "Workers' Voice" an der Spitze von Unternehmen

 

Während die Aufsichtsratsmitbestimmung in Deutschland mehr und mehr unter Druck gerät (durch Flucht in ausländische Rechtsformen oder die SE), wird sie in anderen Ländern gerade ausgebaut. Hierzu sind im Herbst 2019 mehrere Länderberichte erschienen. Die Hans-Böckler-Stiftung untersucht die aktuelle Lage in Frankreich (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017) sowie im Vereinigten Königreich (siehe Bericht in den EBR-News 4/2018) und beleuchtet die aktuellen Diskussionen in den USA. Zeitgleich legte die Arbeiterkammer Wien eine Studie über die Mitbestimmung im Aufsichtsrat in Österreich im Kontext der Digitalisierung vor. Von der Arbeiterkammer Wien stammt auch eine neue Studie über die Arbeitsbeziehungen in Finnland, Portugal, Rumänien und Slowenien.

 

Überblick über die aktuellen Diskussionen

Der Mitbestimmungsreport Frankreich

Der Mitbestimmungsreport Vereinigtes Königreich

Der Mitbestimmungsreport Österreich

Der Bericht über Finnland, Portugal, Rumänien und Slowenien


Digitaler Wandel und sozialer Dialog in transnationalen Unternehmen

 

Anfang November 2019 veröffentlichten zwei französische Institute eine mit EU-Geldern geförderte Studie über den Beitrag Europäischer Betriebsräte in der digitalen Revolution. Zwischen Juni 2018 und April 2019 fanden drei Workshops in Paris, Rom und Brüssel statt, an denen EBR-Mitglieder und Personalmanager aus 15 Unternehmen teilnahmen. Die zentrale Frage war, wie Digitalisierung als Thema im EBR konkret bearbeitet werden kann. Das Handbuch trägt Fallbeispiele für derartige EBR-Aktiviäten zusammen: z. B. aus Frankreich vom Reifenhersteller Michelin, dem Energiekonzern Engie, der Großbank BNP Paribas und dem Versicherungskonzern Axa. Aber auch Aktivitäten des SE-Betriebsrates im Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus und das im März 2019 geschlossene Rahmenabkommen zur Zukunft der Arbeit im britisch-niederländischen Konsumgüterkonzern Unilever sind beschrieben (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019), und zwar in fünf Sprachen.

 

Download des Handbuchs

Download der übrigen Sprachversionen

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Juristischer EBR-Workshop in Berlin


Vom 15. bis 18. Oktober 2019 kamen EBR-Mitglieder aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz in Berlin zusammen, um sich über die Anwendung der EU-Richtlinie in rechtlichen Zweifelsfällen und über bisherige Rechtsprechung in EBR-Fragen genauer zu informieren. Zum diesjährigen Workshop-Programm gehörte auch ein Besuch beim Deutschen Bundestag.


SE-Betriebsrat mit neuem Führungsteam


Vom 5. bis 8. November 2019 fand die halbjährliche Plenartagung des SE-Betriebsrates von tesa in Hamburg statt. Es war die erste Sitzung unter neuem Vorsitz und mit einigen neuen Delegierten. Auch auf der Seite der zentralen Leitung ist jetzt ein völlig neues Managementteam für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zuständig. Der Hersteller von Klebebändern mit 4.900 Beschäftigten ist wegen der schlechten Autokonjunktur mit einem Rückgang der Verkaufszahlen konfrontiert. Der SE-Betriebsrat besteht schon seit zehn Jahren und arbeitet auf Basis einer SE-Vereinbarung, die damals beispielgebend für deutsche Unternehmen mit Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat war. Die Berater der EWC Academy unterstützten bereits das Besondere Verhandlungsgremium (siehe Bericht in den EBR-News 4/2008).


Mögliche Übernahme durch US-Finanzinvestor überschattet EBR-Sitzung


Vom 18. bis 20. November 2019 tagte der EBR des Pharmagroßhändlers Alliance Healthcare in London (auf dem Foto die Vorbesprechung ohne die zentrale Leitung). Nur wenige Tage zuvor gab es Presseberichte, dass der Finanzinvestor KKR die Muttergesellschaft Walgreens Boots Alliance in den USA erwerben und von der Börse nehmen will. Es wäre der größte Private-Equity-Deal aller Zeiten. Der Europäische Betriebsrat besteht aus 20 Delegierten aus neun Ländern und vertritt über 17.000 Beschäftigte, darunter ein Drittel im Vereinigten Königreich. Derzeit laufen mit Unterstützung der EWC Academy Verhandlungen über eine Anpassung der EBR-Vereinbarung (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019).

 

Pressebericht über die geplante Übernahme

Die Hintergründe der Übernahmepläne

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 818 Arbeitnehmervertreter aus 285 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


12. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Wie jedes Jahr findet am 27. und 28. Januar 2020 unsere jährliche Fachtagung statt. Zu Beginn werden die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Zum Programm gehören Fallbeispiele ("best practice") aus einzelnen Unternehmen. Diesmal wird u. a. der EBR-Vorsitzende von Unilever über das europaweite Rahmenabkommen zur Zukunft der Arbeit berichten, das sein Gremium im März 2019 mit der zentralen Leitung abgeschlossen hat (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019).

 

Das Programm der Fachtagung

Rückblick: Bericht von der letzten Hamburger Fachtagung


EBR- und SE-Seminar auf Schloss Montabaur

Vom 20. bis 23. Oktober 2020 findet unser jährliches Grundseminar für Mitglieder (auch für künftige Mitglieder) von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien in Montabaur statt. Das Schloss liegt beim ICE-Bahnhof auf halbem Weg zwischen Frankfurt am Main und Köln. Dort werden mehrere Seminarbausteine für Einsteiger und Fortgeschrittene angeboten.

 

Das Programm des Grundseminars

Bericht von einem früheren Grundseminar in Montabaur


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 22.390 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 3.940 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 3.931 Empfänger

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