Nr. 2/2017
29. Juni 2017    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 2 / 2017 der EBR-News  

Inhalt

  1. Was bedeutet Macron für Betriebsräte?
  2. Der Exit vom Brexit hat begonnen
  3. Videokonferenzen statt Präsenzsitzungen?
  4. Umstrukturierungen auf der EBR-Agenda
  5. Aktuelle Gerichtsentscheidungen
  6. Überarbeitete EBR-Vereinbarungen
  7. Neue SE-Beteiligungsvereinbarungen
  8. Europaweite Unternehmensvereinbarungen
  9. Weltweite Unternehmensvereinbarungen
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Was bedeutet Macron für Betriebsräte?

"Arbeitsgesetz XXL" soll im Eiltempo verabschiedet werden

 

Seit dem 14. Mai 2017 ist Emmanuel Macron neuer Staatspräsident von Frankreich. Der frühere Wirtschaftsminister seines Vorgängers François Hollande hatte die Sozialistische Partei verlassen und eine neue Bewegung gegründet ("La République en Marche!"), die auch in der Nationalversammlung künftig die absolute Mehrheit stellt. Er will die Sparpolitik und die Arbeitsrechtsreformen der Vorgängerregierung verstärkt fortsetzen, obwohl diese zu Massenprotesten geführt hatten (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016).

 

Das Manifest von Macron im Wortlaut

Pressebericht über die Reform des Arbeitsrechts

Der Arbeitsmarkt Herausforderung für Macron

 

Am 6. Juni 2017 wurde den Gewerkschaften ein Katalog mit geplanten Maßnahmen übergeben. Noch im Sommer finden mehr als 50 Sitzungen der neuen Regierung mit Vertretern der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände statt und am 21. September 2017 sollen die Gesetzesänderungen in Kraft treten. Die wichtigsten Punkte des "Arbeitsgesetzes XXL":

  • Personaldelegierte, Betriebsrat und Arbeitssicherheitsausschuss werden abgeschafft. Ihre Rolle übernimmt zukünftig die "einheitliche Personaldelegation", die es bisher nur in Betrieben bis 300 Arbeitnehmern gibt. Der Vorsitz bleibt beim Arbeitgeber. Ob es hierdurch zu einem Verlust an Mandaten oder Freistellungsstunden kommt, ist noch unklar. Die Betriebsparteien können durch Betriebsvereinbarung davon abweichen und die alten Strukturen beibehalten oder neue schaffen.
  • Haustarifverträge erhalten Vorrang vor Flächentarifverträgen. Auf Betriebsebene können jederzeit schlechtere Bedingungen vereinbart werden als im Flächentarifvertrag.
  • Scheitern Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften, kann der Arbeitgeber seine Vorschläge der Belegschaft in einem Referendum direkt vorlegen. Haustarifverträge sind in Frankreich immer allgemeinverbindlich, vergleichbar einer deutschen Betriebsvereinbarung. In Deutschland hieße dies: scheitern Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, könnte der Arbeitgeber per Referendum die Zustimmung des Betriebsrates durch die der Belegschaft ersetzen lassen.
  • Kündigungen werden erleichert und die Höhe der Abfindungen in einer Skala gesetzlich normiert. Die Regeln für Sozialpläne werden verschärft.

 

Schleichender Erdrutsch in der Gewerkschaftslandschaft

 

Am 31. März 2017 legte das Arbeitsministerium neue Zahlen über die Stärke der Gewerkschaftsbünde in der französischen Privatwirtschaft vor. Zum ersten Mal wurde die sozialdemokratisch geprägte CFDT mit 26% stärkste Kraft und verwies die militante, aus einer kommunistischen Tradition stammende CGT mit knapp 25% auf den zweiten Platz. Seit Gründung der CGT 1895 hatte es so etwas noch nie gegeben. Zwar sind die Verschiebungen gegenüber der letzten Messung 2013 nicht sehr groß, aber die Tendenz geht seit Jahren in die gleiche Richtung und verstärkt sich weiter.

 

An dritter Stelle folgt die antikommunistisch geprägte FO mit 16%, dann der Gewerkschaftsbund der Fach- und Führungskräfte CFE-CGC mit einem starken Zuwachs auf 11% sowie die christliche CFTC mit 9%. Alle anderen Gewerkschaften liegen unterhalb der gesetzlichen Schwelle von 8% für eine Tariffähigkeit auf nationaler Ebene. Nach den Repräsentativitätskriterien des Tarifvertragsgesetzes ist die CFDT erstmals in der Lage, allgemeinverbindliche branchenübergreifende Tarifverträge ganz alleine mit den Arbeitgebern abzuschließen, ohne eine Konkurrenzgewerkschaft einzubeziehen. Die CFDT ist von allen französischen Gewerkschaften am stärksten Macron-freundlich eingestellt und hatte bereits in der Vergangenheit die umstrittenen Reformen unter Hollande mitgetragen. Unterdessen hat die CGT begonnen, gegen die Vorschläge von Macron zu mobilisieren. Es könnte ein heißer Herbst werden.

 

Pressebericht über die neuen Zahlen

Reaktionen der Gewerkschaften auf die neuen Zahlen

Die Meinung der Gewerkschaft FO zum Arbeitsgesetz XXL

 

Ehemaliges EBR-Mitglied wird Staatssekretär

 

Seit dem 17. Mai 2017 ist Mounir Mahjoubi Staatssekretär für digitale Wirtschaft und mit 33 Jahren jüngstes Mitglied der Regierung. Am 18. Juni 2017 wurde er auch in die Nationalversammlung gewählt. Der Sohn marokkanischer Einwanderer begann seinen Berufsweg als Netztechniker in einem Callcenter, wo er dann Personaldelegierter und Mitglied der Gewerkschaft CFDT wurde. Von 2004 bis 2007 vertrat er die damalige französische Tochtergesellschaft Club Internet im neuen Europäischen Betriebsrat der Deutschen Telekom. Bis 2015 war er Mitglied der Sozialistischen Partei und schloss sich danach der Bewegung von Emmanuel Macron an.

  2. Der Exit vom Brexit hat begonnen

Harter Brexit, weicher Brexit oder gar kein Brexit?

 

Völlig unerwartet kündigte Premierministerin Theresa May am 18. April 2017 eine vorgezogene Neuwahl des britischen Unterhauses an. Sie wollte ihre knappe parlamentarische Mehrheit ausbauen, um mehr Handlungsspielraum für die Verhandlungen zum Austritt aus der Europäischen Union zu haben. Bei der Wahl am 8. Juni 2017 verfehlte sie jedoch knapp die Mehrheit und führt seither eine Minderheitsregierung, die auf Unterstützung einer Regionalpartei aus Nordirland angewiesen ist.

 

Die Regierung braucht für die Verabschiedung einer ganzen Reihe von Brexit-Gesetzen jedes Mal eine Mehrheit. Sollten einige wenige Abgeordnete bei bestimmten Detailfragen die Linie der Regierung nicht bedingungslos unterstützen, kommt der ganze Brexit-Prozess in Schwierigkeiten. Schon wenige Tage nach der Wahl zeigten sich deutliche Risse in der Konservativen Partei, denn manche Abgeordnete lehnen den von Theresa May favorisierten harten Brexit ab und möchten im Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion bleiben. Verliert die Regierung die Kontrolle über den Brexit, könnte es in nicht allzu ferner Zukunft nochmals zu vorgezogenen Neuwahlen kommen.

 

Der Stimmenzuwachs von Labour war der größte, den eine Partei zwischen zwei Parlamentswahlen seit 1945 je erzielte. Umfragen nach der Wahl zeigen inzwischen einen deutlichen Vorsprung für die größte Oppositionspartei, vorgezogene Neuwahlen würden wohl zu einem Regierungswechsel führen. Theresa May muss daher alles tun, um eine zweite Parlamentswahl zu vermeiden. Ihr Schicksal hängt am Brexit. Scheitert der Brexit, scheitert Theresa May, und mit ihr die Konservative Partei.

 

Brexitminister David Davis räumte am 9. Juni 2017 nach dem Wahldebakel ein, die Konservative Partei hätte ihr Mandat zum Austritt aus dem Binnenmarkt verloren. Vor diesem Hintergrund begannen am 19. Juni 2017 in Brüssel die Verhandlungen mit der EU. Schon nach wenigen Minuten mussten die Briten in der ersten Streitfrage kapitulieren: es wird ausschließlich nach dem Fahrplan verhandelt, den die EU vorgibt. Erst wenn die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien, die Landgrenze mit Irland und die finanziellen Forderungen der EU geklärt sind, starten Gespräche über ein Handelsabkommen. Am 17. Juli 2017 wird erstmals über inhaltliche Fragen verhandelt. Dann bleiben nur noch zwanzig Monate, um alles abschließend zu regeln. Gelingt dies nicht, droht der britischen Wirtschaft ein "Sturz von der Klippe" (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017). Die Uhr tickt – gegen das Vereinigte Königreich.

 

Mehrheit für Verbleib im Binnenmarkt

Obwohl die Verhandlungen mit Brüssel bereits laufen, ist die Diskussion über die Art des Brexit immer noch nicht abgeschlossen. Sie hat vielmehr mit voller Wucht wieder Fahrt aufgenommen. Welche Art von Brexit im Unterhaus eine Mehrheit findet, ist völlig unklar. Die Bevölkerung konnte im Referendum nur zwischen dem Austritt aus der EU und dem Status quo wählen. Die Art des Brexit stand nicht zur Abstimmung. Am 23. Juni 2017 zeigte eine Meinungsumfrage, dass 58% der britischen Bevölkerung den ungehinderten Zugang der britischen Wirtschaft zum Europäischen Binnenmarkt bevorzugen. Für 42% ist es dagegen wichtiger, die Einwanderung aus den EU-Ländern zu begrenzen.

 

Inzwischen wird hinter den Kulissen über mögliche Kompromisse diskutiert. Laut Presseberichten ist ein Teil der Konservativen Partei offenbar bereit, im Binnenmarkt zu bleiben, sofern fünf Jahre lang die Einwanderung aus der EU begrenzt wird. Eine Mitgliedschaft im Binnenmarkt wie im Fall Norwegens bedeutet aber, dass weiterhin Geld in die EU-Kassen gezahlt und fast alle EU-Richtlinien übernommen werden müssen, ohne darüber eine Mitsprache zu haben. Wäre die britische Regierung bereit, all dies zu akzeptieren, warum sollte sie dann ihren politischen Einfluss in Brüssel freiwillig aufgeben, den sie jetzt hat? Die nächste Frage lautete dann: wäre es nicht besser, gleich ganz in der EU zu bleiben?

 

Aktuelle Meinungsumfrage des Gewerkschaftsbundes TUC

Weitere Informationen auf unserer Brexit-Sonderseite

  3. Videokonferenzen statt Präsenzsitzungen?

Änderung des deutschen EBR-Gesetzes beschlossen

 

Am 2. Juni 2017 verabschiedete der Deutsche Bundestag – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – eine Änderung des Gesetzes über Europäische Betriebsräte (EBRG). Es handelt sich um die erste Änderung seit 2011, als die revidierte EBR-Richtlinie in Deutschland umgesetzt wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2011). Ein neuer § 41 a eröffnet erstmals die Möglichkeit, EBR- und BVG-Sitzungen inklusive der Beschlussfassungen per Videokonferenz durchzuführen. Wenn der Deutsche Bundesrat am 7. Juli 2017 keine Einwände hat, wird die Gesetzesänderung am 10. Oktober 2017 in Kraft treten.

 

Anlass für diese Gesetzesinitiative ist eine EU-Richtlinie vom Oktober 2015 in Bezug auf Seeleute. Mit ihr werden mehrere ältere EU-Richtlinien geändert, um Arbeitsbedingungen sowie Unterrichtung und Anhörung zu verbessern. Der neue § 41 a des EBRG beschränkt sich daher auf Besatzungsmitglieder von Seeschiffen. Sie können an Sitzungen mittels Informations- und Kommunikationstechnologien (z. B. Videokonferenzen) teilnehmen, sofern dies in der Geschäftsordnung des Gremiums vorgesehen und die Vertraulichkeit der Sitzung gewährleistet ist. Alle Mitgliedsländer des Europäischen Binnenmarkts müssen ihre Gesetzgebung bis spätestens 10. Oktober 2017 anpassen. Die Neuregelung gilt nicht für SE-Betriebsräte oder BVG-Sitzungen im Rahmen einer SE-Umwandlung.

 

Die Richtlinie von 2015 in Bezug auf Seeleute im Wortlaut

 

Einfallstor für jede Form virtueller Betriebsratssitzungen


Vordergründig hat diese Änderung keine große praktische Relevanz. Es handelt sich aber um einen Bruch mit der gesamten Philosophie und der bisherigen Rechtsprechung in Deutschland. Bisher sind Beschlussfassungen von Betriebsräten nur zulässig, wenn sie in einer nichtöffentlichen Sitzung, zu der korrekt eingeladen wurde, von allen anwesenden Mitgliedern getroffen werden. Nach Auffassung deutscher Arbeitsgerichte ist es nicht rechtmäßig, Beschlüsse in einer Telefon- oder Videokonferenz, im schriftlichen Umlaufverfahren oder per E-Mail zu fassen. Wenn nun Videokonferenzen für Seeleute möglich sind, warum nicht auch für andere EBR-Mitglieder oder ganze EBR-Plenarsitzungen? Warum nicht auch für deutsche Gesamtbetriebsräte?

 

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft beispielsweise fordert ein schnelleres und effizienteres Mitbestimmungsverfahren, "um der immer schnelleren Entscheidungsfindung im digitalisierten Umfeld Rechnung zu tragen. Die Einbindung des Betriebsrates und der Austausch der Betriebsratsmitglieder untereinander müssen stärker die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation berücksichtigen." Laut Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen ist das Thema Online- oder Videokonferenzen für alle überregionalen Gremien praxisrelevant. "Gesamt- und Konzernbetriebsräte setzen sich häufig aus Mitgliedern aus ganz Deutschland zusammen und können nur wenige Regeltermine vereinbaren, in denen eine Beschlussfassung möglich ist. Dies kann die Umsetzung unternehmerischer Vorhaben ganz erheblich verlangsamen."

 

Diese Zitate sind im Weißbuch Arbeiten 4.0 enthalten, das die Bundesregierung im November 2016 vorlegte. Dort ist auch zu lesen, dass anders als bei einer persönlichen Zusammenkunft bei einer Videokonferenz nicht sichergestellt werden kann, dass kein Dritter außerhalb des Kamerabereichs die Sitzung verfolgt oder heimlich mitschneidet. Es fehlen persönlicher Austausch und Gruppendynamik. Eine Videokonferenz ist nicht in der Lage, die gesamte Vielfalt der menschlichen Kommunikation (Mimik, Gestik, Körpersprache) aus persönlicher Nähe "sinnlich wahrnehmbar" abzubilden. Forscher warnen vor den Risiken virtueller Kommunikation (siehe Bericht in den EBR-News 1/2009).

 

Dennoch will die Bundesregierung die Zulässigkeit von Videokonferenzen für Betriebsratssitzungen in Erwägung ziehen. Voraussetzung soll die Initiative und die einstimmige Entscheidung des Betriebsrats in eng definierten Ausnahmefällen sein, in denen eine Präsenzsitzung wegen besonderer Dringlichkeit erheblich erschwert wäre. Der Arbeitgeber müsste vorher durch technische Maßnahmen sicherstellen, dass Dritte die Sitzung nicht mitverfolgen können.

 

Das Weißbuch Arbeiten 4.0 im Wortlaut (siehe ab Seite 159)

 

In Frankreich sind Videokonferenzen seit 2015 gesetzlich zulässig

 

Im August 2015 wurde die Arbeit der Betriebsräte grundlegend reformiert und das Anhörungsverfahren bei Restrukturierungen vereinfacht. Seither sind Sitzungen auch als Videokonferenz möglich und der Arbeitgeber, der in Frankreich immer den Vorsitz hat, kann sie aufzeichnen. Dies gilt auch für Gesamt- und Konzernbetriebsräte und für alle Europäischen Betriebsräte, die französischem Recht unterliegen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

  4. Umstrukturierungen auf der EBR-Agenda

Unilever will Margarine-Geschäft verkaufen

 

Am 6. April 2017 wurde bekannt, dass die Margarinesparte von Unilever bis zum Jahresende 2017 verkauft werden soll. Es geht um 1.100 Arbeitnehmer, davon 300 in Deutschland. Der britisch-niederländische Konsumgüterkonzern wird dadurch eines seiner beiden historischen Standbeine abstoßen. "Mit dem Margarine-Geschäft reißt man die Seele aus dem Unilever-Konzern", sagt der EBR-Vorsitzende Hermann Soggeberg. Das Unternehmen war 1929 durch die Fusion der niederländischen Margarine Unie mit dem britischen Seifenproduzenten Lever Brothers entstanden.

 

Schon seit Jahren agiert Unilever wie ein Finanzinvestor, der sein Markenportfolio ständig umbaut: in schneller Folge finden weltweit Zukäufe und Abspaltungen statt. Die Entscheidung zum Verkauf der Margarinesparte fiel kurz nach einem Übernahmeversuch durch den US-Konkurrenten Kraft Heinz. Den Angriff konnte das Unilever-Management am 19. Februar 2017 zwar abwehren, musste danach seinen Großinvestoren aber eine Renditesteigerung von 16 auf 20% bis 2020 versprechen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird sich der Konzern mehr und mehr aus dem Lebensmittelgeschäft zurückziehen und auf das renditeträchtigere Segment der Körperpflegemittel konzentrieren.

 

Der Europäische Betriebsrat fordert soziale Garantien

 

Am 2. Juni 2017 legte der EBR einen ersten Forderungskatalog vor, mit dem bereits jetzt Einfluss auf künftige Verkaufsgespräche genommen werden soll. Das Hauptanliegen ist die Zukunftssicherung des Margarinegeschäfts und seiner Mitarbeiter. Gefordert wird der Erhalt aller Standorte und Arbeitsplätze, in Deutschland der Margarine-Werke in Pratau (Sachsen-Anhalt) und Kleve (Nordrhein-Westfalen). Ein Käufer müsse langfristiges Interesse am Margarinegeschäft haben, ein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen und alle existierenden Arbeitsbedingungen erhalten, inklusive der Pensionsverpflichtungen. Als Käufer sind mehrere Finanzinvestoren wie auch Kraft Heinz im Gespräch. Welche Konsequenzen dies haben kann, zeigte sich zuletzt im März 2016 in Schweden. Wenige Wochen nach Übernahme einer Fabrik für Tiefkühlkost durch einen Finanzinvestor und der Zusammenlegung mit Iglo wurde der Standort geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).


Umstrittene Fusion von Gasproduzenten

 

In einer zehnstündigen Sitzung beschloss der Aufsichtsrat des Technologiekonzerns Linde am 1. Juni 2017 in München in einer Kampfabstimmung die Fusion mit dem US-Konzern Praxair. Linde und Praxair würden dadurch zum weltgrößten Hersteller von Industriegasen. Kritisch sehen dies Teile der Kapitalanleger und die Gewerkschaften. In einigen Ländern würde es zu einem erheblichen Arbeitsplatzabbau kommen. Zudem soll die neue Holding in Dublin angesiedelt werden, wo es keine Mitbestimmung im Aufsichtsrat gibt. Die Zustimmung der Kartellbehörden wie auch das Konsultationsverfahren mit den beiden Europäischen Betriebsräten stehen noch aus.

 

Noch am 7. Dezember 2016 hatte der Aufsichtsrat mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter für eine Absichtserklärung zugunsten der Fusionsverträge gestimmt. Den 8.000 deutschen Beschäftigten war zuvor ein Kündigungsschutz bis Ende 2021 sowie Erhalt der Tarifbindung und Fortbestand des Werkes Dresden mit 500 Arbeitsplätzen vertraglich zugesichert worden. Ursprünglich sollte das Werk komplett geschlossen werden.

 

IG Metall: "Bruch mit der deutschen Industriegeschichte"

 

Die Fusionsabsicht führte dann jedoch zu einem offenen Machtkampf zwischen dem Management von Linde und den Gewerkschaften. Nach Meinung der IG Metall hätte die Fusion abgesagt werden sollen. Am 27. April 2017 demonstrierten 2.500 Beschäftigte an 30 Standorten quer durch Europa gegen die Fusion, die Landesregierung von Bayern und die Bundesregierung schalteten sich in die Diskussion ein. Der Aufsichtsrat von Linde besteht aus zwölf Mitgliedern, davon sechs Arbeitnehmervertreter. Bei der geheimen Abstimmung gab es fünf Nein-Stimmen von der Arbeitnehmerseite und eine Enthaltung, die vermutlich vom Betriebsratsvorsitzenden aus Dresden kam. Die Fusion war also mit sechs gegen fünf Stimmen beschlossen. In deutschen Aufsichtsräten sind solche Kampfabstimmungen sehr selten, in der Regel wird vor der Sitzung ein Konsens gesucht. Für die IG Metall ist dies "ein Bruch mit der deutschen Industriegeschichte, solch eine sehr knappe Entscheidung brachial durchzupeitschen, statt einen Konsens zu suchen."

 

Hintergrundbericht der Hans-Böckler-Stiftung

Pressebericht über die Situation vor der Abstimmung

Pressemitteilung der IG Metall nach der Abstimmung

 

Im Zuge der Fusion werden auch die beiden Europäischen Betriebsräte zusammengelegt. Linde hat seit 1996 einen EBR nach deutschem Recht. Die Vereinbarung war nach dem Aufkauf der britischen BOC Group 2007 erheblich verbessert, der EBR auf 28 Mitglieder aus 15 Ländern aufgestockt worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2007). Praxair gründete 2000 einen EBR nach spanischem Recht, der einmal pro Jahr unter dem Vorsitz des Arbeitgebers in Madrid tagt. Er besteht aus 16 Delegierten, die 3.500 Arbeitnehmer in zehn europäischen Ländern vertreten.

  5. Aktuelle Gerichtsentscheidungen

Französischer Kassationshof urteilt über "freiwillige" EBR-Vereinbarungen

 

Am 1. Februar 2017 wurde im Justizpalast von Paris über die Anwendung einer britischen EBR-Vereinbarung entschieden, die 1996 vor Inkrafttreten der EBR-Gesetze geschlossen wurde und daher als "freiwillige" Vereinbarung nicht unter die EU-Richtlinie fällt. Obwohl eine "freiwillige" EBR-Vereinbarung in London nicht einklagbar ist, räumte die Sozialkammer des höchsten Gerichts in Frankreich ihr sogar Vorrang vor französischem Arbeitsrecht ein. Geklagt hatten entlassene Arbeitnehmer von Wolseley.

 

Das britische Unternehmen ist im Sanitär- und Heizungsgroßhandel tätig und hat seinen Sitz auf der Insel Jersey im Ärmelkanal, die nicht zur EU gehört. Der Europäische Betriebsrat von Wolseley vertritt 16.000 Beschäftigte in acht europäischen Ländern. Als 2013 in der französischen Tochtergesellschaft Entlassungen stattfanden, wurde der EBR weder informiert noch angehört. Ein solcher Formfehler führt in Frankreich regelmäßig zur Annullierung von Entlassungen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2010). Die Betroffenen klagten auf eine zusätzliche Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes.

 

Streitfrage: die grenzüberschreitende Zuständigkeit des EBR

 

Nach der neuen EU-Richtlinie kann der EBR auch in solchen Fällen zuständig sein, in denen nur ein einziges Land von einer Maßnahme betroffen ist. Mit dem Erwägungsgrund 12 wollte der Gesetzgeber ausdrücklich sicherstellen, dass die Arbeitnehmer "angemessen informiert und angehört werden, wenn Entscheidungen, die sich auf sie auswirken, außerhalb des Mitgliedstaats getroffen werden, in dem sie beschäftigt sind." Trifft die zentrale Leitung im Land A eine Entscheidung, die nur in dem Land B Auswirkungen hat, dann muss der EBR beteiligt werden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013). Die Vereinbarung von Wolseley unterliegt jedoch nicht der EU-Richtlinie und sieht vor, dass der EBR nur angehört wird, wenn außergewöhnliche Umstände in zwei Ländern vorliegen. Würde die Vereinbarung der EU-Richtlinie unterliegen, hätten die Kläger vermutlich gewonnen.

 

Das Urteil im Wortlaut


EBR-Mitglieder behalten Mandat bis zum Ende der Amtszeit

 

Das Berufungsgericht von Versailles entschied am 14. März 2017 über den Antrag auf Abberufung zweier französischer Delegierter im Europäischen Betriebsrat der Versicherungsgruppe Axa. Beide waren 2015 von der sozialdemokratisch geprägten Gewerkschaft CFDT in die Gewerkschaft der Fach- und Führungskräfte CFE-CGC übergetreten, einer davon war der Sekretär des Europäischen Betriebsrates. Die CFDT wollte daraufhin ihre Mandate im EBR neu besetzen und reichte Klage gegen die beiden Delegierten, die andere Gewerkschaft und das Unternehmen Axa ein. Das Gericht entschied nun in zweiter Instanz, dass eine Abberufung während der laufenden Amtsperiode nicht möglich ist.

 

In Frankreich werden die Delegierten für den Europäischen Betriebsrat nicht gewählt, sondern von den Gewerkschaften entsandt. Die Anzahl der Mandate für die unterschiedlichen Gewerkschaften richtet sich nach den Wahlergebnissen der Betriebsratswahlen. Die Auswahl der Personen erfolgt innerhalb der jeweiligen Gewerkschaft nach eigenen Regeln. Jedes Mandat im EBR ist daher einer bestimmten Gewerkschaft zugeordnet. Das gleiche gilt für die Besetzung des französischen Konzernbetriebsrates. Lediglich die Mitglieder eines Gesamtbetriebsrates werden von den lokalen Betriebsräten gewählt und nicht von den Gewerkschaften entsandt. Das Berufungsgericht Versailles ist für einen Teil der Pariser Bürovorstadt La Défense zuständig, in der eine Vielzahl französischer Großkonzerne ihren Sitz hat. Im Mai 2015 hatte es zuletzt ein EBR-Urteil gefällt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

 

Die Webseite des EBR von Axa


Tarifbindung beim Betriebsübergang

 

Am 27. April 2017 entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg über die Tarifbindung beim Betriebsübergang. Wird ein Unternehmen verkauft, so kann der neue Besitzer durchaus weiter an Tarifverträge gebunden sein, obwohl er selbst überhaupt nicht tarifgebunden ist. Geklagt hatten zwei Beschäftigte eines vormals kommunalen Krankenhauses in Langen (Hessen), das seit 2008 zu Asklepios gehört, mit 35.000 Arbeitnehmern an 150 Standorten einer der größten privaten Klinikbetreiber in Deutschland.

 

Im dem Urteil ging es um die Frage, ob ein Passus im Arbeitsvertrag auch nach dem Übergang des Betriebes an den neuen Eigentümer weiter gilt und dies mit der EU-Richtlinie zum Betriebsübergang im Einklang steht. Im Arbeitsvertrag der beiden Kläger stand, dass ein oder mehrere Tarifverträge "in ihrer jeweils geltenden Fassung" für sie gelten. Obwohl der Asklepios-Konzern nicht tarifgebunden ist, gehen die im Arbeitsvertrag festgelegten Pflichten vollständig auf ihn über, so die Luxemburger Richter. Dies gilt auch für Einkommenssteigerungen in den Jahren nach dem Betriebsübergang.

 

Bericht der Gewerkschaft ver.di

Das Urteil im Wortlaut

Die Richtlinie zum Betriebsübergang im Wortlaut

  6. Überarbeitete EBR-Vereinbarungen

Japanischer Automobilhersteller mit neuen Regeln

 

Am 28. Februar 2017 wurde in Brüssel die EBR-Vereinbarung für Honda aktualisiert. Sie unterliegt englischem Recht, ist aber als "freiwillige" Vereinbarung nicht von der EU-Richtlinie erfasst und daher auch nicht einklagbar. Der Europäische Betriebsrat ("Honda European Communication and Consultation Group") ist ein gemischtes Gremium, dem zur Hälfte Managementvertreter angehören. Er wurde schon 1995 gegründet und tagt einmal pro Jahr unter dem Vorsitz der europäischen Geschäftsleitung.

 

Die Organisation der gesamten EBR-Arbeit übernimmt ein vom Arbeitgeber benannter Koordinator aus der Personalabteilung. Jeder Standort ab 50 Beschäftigten entsendet einen Arbeitnehmervertreter und einen leitenden Manager. Länder mit kleinen Vertriebsniederlassungen wählen einen Delegierten, wenn sie mehr als 15 Beschäftigte haben. Insgesamt gehören dem EBR 26 Arbeitnehmervertreter an, davon sechs aus England, wo die größte europäische Honda-Automobilfabrik steht. Die Produktionsstätten für Motorräder liegen in Italien (drei) und Spanien (zwei Delegierte). Belgien ist Sitz des europäischen Logistikzentrums und hat vier Mandate. In Frankreich werden Rasenmäher hergestellt (zwei Mandate).

 

Der geschäftsführende Ausschuss ("Organising Committee") besteht aus sechs Arbeitnehmer-, zwei Arbeitgebervertretern und dem vom Unternehmen gestellten Koordinator als Vorsitzenden. Er führt vier Sitzungen pro Jahr durch, Videokonferenzen sind möglich. In außerordentlichen Umständen findet auf Antrag der Arbeitnehmervertreter aus mindestens zwei Ländern eine Sondersitzung statt, in der das Organising Committee und Vertreter der betroffenen Länder mit den jeweils verantwortlichen Managern zusammenkommen. Nach jeder regulären EBR-Plenarsitzung findet in allen europäischen Standorten eine Art Betriebsversammlung während der Arbeitszeit statt, in der die Delegierten berichten.

 

Die neuen EU-Standards zur Unterrichtung und Anhörung sind teilweise, aber nicht vollständig in die EBR-Vereinbarung übernommen worden. Die Arbeitnehmervertreter können externe Sachverständige hinzuziehen, das Budget dafür beträgt 50.000 € pro Jahr. Über den Antrag entscheidet der Koordinator. Lehnt er den Antrag ab, wird eine bindende Entscheidung von einem unabhängigen Dritten getroffen, auf den sich beide Seiten einigen. Sachverständige dürfen nicht an Sitzungen teilnehmen und liefern ihre Expertise schriftlich ab. Die Anhörung kann dadurch höchstens um 15 Tage verzögert werden.


Französische Lebensmittelgruppe aktualisiert EBR-Vereinbarung

 

Am 22. März 2017 wurde in Villeneuve-d’Ascq an der belgischen Grenze, dem Sitz von Bonduelle, eine neue EBR-Vereinbarung nach französischem Recht unterzeichnet. Das Unternehmen mit 10.000 Arbeitnehmern ist durch eine Vielzahl von Akquisitionen zum größten europäischen Gemüseverarbeiter geworden und ist mehrheitlich in Familienbesitz. Der Europäische Betriebsrat tagt unter Vorsitz des Arbeitgebers und wurde 2005 gegründet.

 

Einmal pro Jahr treffen sich alle 16 Delegierten aus neun Ländern zu einer Plenarsitzung. Sie wählen einen Sekretär (aus Frankreich) und drei weitere Mitglieder (aus je einer geografischen Region) in das Präsidium, das sich ebenfalls mindestens einmal pro Jahr trifft. Der Katalog der Unterrichtungsthemen geht über die EU-Richtlinie hinaus. Er beinhaltet die Arbeitsbedingungen von Saison- und Leiharbeitern sowie vorausschauende Demographie- und Kompetenzplanung der Belegschaft in allen europäischen Standorten. Der EBR kann Sachverständige hinzuziehen und Schulungen durchführen.

 

Da die Vereinbarung der EU-Richtlinie unterliegt, wurden die neuen Standards von Unterrichtung und Anhörung vollständig integriert. Die Arbeitnehmervertreter haben bei Umstrukturierungen ausdrücklich das Recht, alternative Vorschläge auszuarbeiten und nicht nur eine, sondern mehrere Stellungnahmen abzugeben. Hierfür wird in jedem Einzelfall vorher eine Frist zwischen der zentralen Leitung und dem Präsidium des EBR festgelegt. Die Vereinbarung enthält einen Flowchart zum Konsultationsverfahren. Die grenzüberschreitende Zuständigkeit wurde relativ weit definiert und beinhaltet jede Maßnahme, die sich in nur einem Land auswirkt, wenn die Entscheidung in Frankreich getroffen wird. Sondersitzungen in außerordentlichen Umständen können als Videokonferenz stattfinden, ordentliche Sitzungen nicht.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Die Vereinbarung im Wortlaut


Zwei Europäische Betriebsräte fusionieren

 

Am 27. März 2017 wurde in Paris eine EBR-Vereinbarung für LafargeHolcim abgeschlossen. Der größte Baustoffhersteller der Welt ist im Juli 2015 durch Fusion entstanden und hat seinen Sitz in Rapperswil-Jona am Zürichsee. Schon ab Mitte der 90er Jahre hatten die Vorgängerunternehmen Europäische Betriebsräte (siehe Bericht in den EBR-News 3/2014). Offiziell endet deren Mandat erst jetzt, in der Übergangszeit tagten die geschäftsführenden Ausschüsse gemeinsam. Sie waren nicht für die Aushandlung der neuen EBR-Vereinbarung zuständig. Stattdessen wurde nach Artikel 13 der EU-Richtlinie eigens ein Besonderes Verhandlungsgremium gebildet und damit der rechtliche Status einer "freiwilligen" Vereinbarung beendet. Wie bisher bei Holcim unterliegt sie belgischem Recht.

 

Der neue EBR vertritt 20.000 Beschäftigte in 19 Ländern, darunter 5.300 in Frankreich und 2.000 in der Schweiz. Von seinen 37 Delegierten kommen fünf aus Frankreich, vier aus dem Vereinigten Königreich und jeweils drei aus Deutschland, Polen, Spanien und der Schweiz. EU-Beitrittsländer erhalten je ein Gastmandat. Der Vorsitz in den halbjährlichen Plenarsitzungen liegt nach französischem Vorbild beim Arbeitgeber. Die Arbeitnehmerseite wählt einen Sekretär und vier weitere Mitglieder in den engeren Ausschuss, der viermal pro Jahr tagt.

 

Der Anspruch auf Schulungen wurde genau definiert: alle Delegierten, die zum ersten Mal in den EBR gewählt werden, erhalten einen zweitägigen Einführungskurs. Jeder Delegierte kann pro Jahr einen Tag an einem Seminar teilnehmen, das er sich selbst aussucht. Innerhalb der vierjährigen Amtszeit findet zudem eine zweitägige Inhouse-Schulung vor oder nach einer normalen Plenarsitzung statt. Der EBR kann sich durch zwei gewerkschaftliche Koordinatoren (Hauptamtliche) und zusätzlich durch bezahlte Sachverständige unterstützen lassen. Sind Umstrukturierungen geplant, die eine Anhörung auslösen, so wird in jedem Einzelfall das genaue Verfahren zwischen dem engeren Ausschuss und der zentralen Leitung festgelegt. Hierzu enthält die EBR-Vereinbarung auch einen Flowchart, der bei Nichteinigung ein Gerichtsverfahren vorsieht.

 

Ständige Arbeitsgruppe zum Arbeits- und Gesundheitsschutz

 

Die 2011 bei Lafarge gegründete Arbeitsgruppe zum Arbeits- und Gesundheitsschutz wird fortgeführt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011). Sie besteht aus fünf Arbeitnehmervertretern, einem externen Gewerkschaftssekretär und dem Arbeitgeber als Vorsitzenden. Sie treffen sich jedes Quartal, können Standorte besuchen und erhalten eigene Schulungen und ein Budget.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Pressemitteilung der schweizerischen Gewerkschaft Unia

  7. Neue SE-Beteiligungsvereinbarungen

Deutsche Bekleidungskette mit paritätisch besetztem Aufsichtsrat

 

Am 6. Juli 2016 wurde am Sitz von Tom Tailor in Hamburg eine SE-Beteiligungsvereinbarung unterzeichnet. Die Eintragung als Europäische Gesellschaft (SE) erfolgte am 18. April 2017. Die Textilgruppe hat etwa 6.600 Beschäftige in 12 EU-Ländern und ist eines der wenigen Unternehmen der Branche, das ab jetzt Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hat. Andere Unternehmen des Einzelhandels wie H&M, Esprit, Zara, Primark oder C&A nutzen ausländische Rechtsformen, um die Mitbestimmung im Aufsichtsrat zu umgehen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015). Beim Modeversender Zalando hat die SE-Umwandlung zu einem Gerichtsverfahren geführt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015).

 

Obwohl Tom Tailor in Deutschland 5.000 Arbeitnehmer hat (weit über der gesetzlichen Schwelle von 2.000), bestand der Aufsichtsrat bisher nur aus Vertretern der Anteilseigner. Die Betriebsräte einer der deutschen Tochtergesellschaften wollten mit einem sogenannten "Statusverfahren" gerichtlich prüfen lassen, ob die Holding dem Mitbestimmungsgesetz unterliegt und daher Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat integrieren muss. Um ein Urteil zu vermeiden, bot die Konzernleitung einen Kompromiss an und schloss im Mai 2015 vor dem Landgericht Hamburg eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat. Darin wurden die Grundlagen für die jetzige SE-Vereinbarung festgelegt.

 

Der Aufsichtsrat besteht derzeit aus zehn Mitgliedern, darunter fünf Arbeitnehmervertreter. Vier davon kommen aus Deutschland und einer aus den Niederlanden. Ohne SE-Umwandlung wäre ein deutscher Aufsichtsrat mit zwölf Mitgliedern gesetzlich vorgeschrieben, davon vier Vertreter der Belegschaft und zwei externe Gewerkschaftsvertreter. Mit der SE-Umwandlung konnte Tom Tailor seinen Aufsichtsrat verkleinern und externe Gewerkschaftsvertreter ausschließen. Allerdings war die komplette Flucht aus der Mitbestimmung nicht mehr möglich. Neu ist der europaweite SE-Betriebsrat, einen Europäischen Betriebsrat gab es zuvor noch nicht. Im Juli 2015 hatten mit Unterstützung der EWC Academy erste Vorbereitungen für die Verhandlungen begonnen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

 

Erläuterung: Statusverfahren über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats


Deutscher Automobilclub gliedert Beteiligungen in eine SE aus


Am 8. Februar 2017 wurde eine SE-Beteiligungsvereinbarung am Sitz des ADAC in München unterzeichnet. Der 1903 gegründete Automobilclub mit 19 Mio. Mitgliedern gliedert seine kommerziellen Aktivitäten (Pannenhilfe, Rettungshubschrauber, Autovermietung, Finanzdienstleistungen) in eine neue Gesellschaft aus. Hierzu wählte der Verein die Rechtsform SE als Dachgesellschaft von 37 Tochter- und Beteiligungsunternehmen in sieben Ländern mit 3.500 Arbeitnehmern. Skandale und kritische Presseberichte hatten 2014 das Registergericht München veranlasst, den ADAC genauer zu überprüfen. Erst nach der Ausgliederung der Wirtschaftsaktivitäten aus dem Verein wurde dieses Verfahren am 17. Januar 2017 eingestellt.

 

Pressemitteilung des Amtsgerichts München

Organigramm der Unternehmensbeteiligungen

 

Die ADAC SE hat einen Aufsichtsrat aus drei Anteilseigner- und drei Arbeitnehmervertretern. Damit ist es neben dem Fahrzeugteilehändler WM (ehemals Trost) der kleinste paritätisch besetzte Aufsichtsrat einer SE, der bisher je gebildet wurde. Zwei Mandate auf Arbeitnehmerseite entfallen auf Deutschland und eines auf Spanien. Der SE-Betriebsrat hat 15 Mitglieder, davon zehn aus Deutschland. Sie wählen fünf Vertreter in den geschäftsführenden Ausschuss. Pro Jahr finden zwei Plenarsitzungen in München statt. Die Ausschusssitzungen können auch als Video- oder Telefonkonferenzen durchgeführt werden, sofern die Arbeitnehmervertreter dem Verzicht auf eine Präsenzsitzung zustimmen.

 

Der Katalog der Unterrichtungsthemen ist präziser formuliert als in der EU-Richtlinie. Beispielsweise wird der SE-Betriebsrat über alle Projektpläne und Investitionsprogramme ab 3 Mio. € sowie über die Planungen zur grenzüberschreitenden Vergabe von Aufträgen innerhalb der Unternehmensgruppe mit Daten versorgt. Es gibt aber auch negative Aspekte in der Vereinbarung. Das Anhörungsverfahren bei außerordentlichen Umständen muss innerhalb von sieben Wochen beendet sein, in dringenden Fällen sind es vier Wochen. Und die SE-Vereinbarung kann frühestens nach zehn Jahren gekündigt werden.


Mitbestimmung bei französischem IT-Dienstleister

 

Am 30. März 2017 wurde in Paris zwischen der zentralen Leitung der Beratungs- und Technologiegruppe Capgemini und dem Besonderen Verhandlungsgremium eine SE-Beteiligungsvereinbarung geschlossen. Mit 190.000 Beschäftigten ist sie die größte Unternehmensberatung der Welt europäischen Ursprungs und firmiert seit 2. Juni 2017 als SE. Bereits 2001 wurde nach Übernahme der Consultingsparte von Ernst & Young ein Europäischer Betriebsrat mit Delegierten aus anderen Teilen der Welt gegründet, daher der Name "International Works Council of the Cap Gemini Ernst & Young Group".

 

Dieser Weltbetriebsrat wird jetzt durch einen internationalen SE-Betriebsrat ersetzt, die Grundstruktur allerdings beibehalten. Die Regionen Indien, Lateinamerika, Nordamerika und Asien-Pazifik erhalten je ein Gastmandat für die Plenarsitzungen, die viermal pro Jahr stattfinden. Innerhalb Europas wurde die Mandatsverteilung angepasst. Länder mit mehr als 15% der europäischen Belegschaft erhalten zwei Sitze, ab 30% drei und ab 45% vier Sitze. Im Vergleich zum bisherigen Europäischen Betriebsrat sind dies weniger Mandate. Im Gegenzug wird das Präsidium von vier auf acht Mitglieder vergrößert. Sie treffen sich monatlich. Jedes Land kann entscheiden, wie Informationen zwischen dem SE-Betriebsrat und der Belegschaft fließen: entweder direkt oder über die vorhandenen Betriebsratsstrukturen. Zudem kann der SE-Betriebsrat auf einer eigenen Intranetseite alle Arbeitnehmer informieren.

 

Der SE-Betriebsrat ist ein gemischtes Organ unter Vorsitz des Verwaltungsratspräsidenten (CEO). Die Arbeitgeberdelegation darf nicht größer sein als die Arbeitnehmerseite. Stimmberechtigt sind lediglich gewählte Arbeitnehmervertreter aus Europa. Neben dem SE-Betriebsrat gibt es eine Mitbestimmung im Verwaltungsrat, der aus 16 Mitgliedern besteht, davon drei Arbeitnehmervertreter. Ein Sitz entfällt auf die Belegschaftsaktionäre, ein Sitz wird auf Vorschlag der größten französischen Gewerkschaft im Unternehmen und ein weiterer vom SE-Betriebsrat gewählt. Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat können nicht gleichzeitig Mitglied eines Betriebsrates sein und müssen dieses Mandat aufgeben, was der aktuellen französischen Gesetzeslage entspricht (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung

Der Umwandlungsplan im Wortlaut


Neue Studien zur Entwicklung der SE-Landschaft

 

Am 31. März 2017 gab es in Europa insgesamt 132 SE-Betriebsräte und davon in 67 Fällen auch eine Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichts- oder Verwaltungsrat. Auf Deutschland entfallen über 80% dieser SE-Umwandlungen (109 von 132), denn deutsche Arbeitgeber nutzen dies gerne zur Begrenzung der Mitbestimmung. Der Deutsche Bundesrat forderte daher im Februar 2017 eine Gesetzesänderung zum Schließen solcher Schlupflöcher (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017). Auf Frankreich entfallen 13 von 132 SE-Betriebsräten (10%), dort hat die Software- und IT-Branche die Rechtsform der SE für ihre Internationalisierungsstrategien entdeckt. Gegenüber 1.128 Europäischen Betriebsräten ist der Anteil der SE-Betriebsräte immer noch gering. Sie stehen für 10% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa, der Zuwachs ist aber bei den SE-Betriebsräten überdurchschnittlich stark.

 

Datenblatt der Hans-Böckler-Stiftung

Datenblatt des Europäischen Gewerkschaftsinstituts

Empirische Studie über Arbeitnehmervertreter in SE-Aufsichtsräten

  8. Europaweite Unternehmensvereinbarungen

Französische Großbank will arbeitsbedingten Stress bekämpfen


Am 10. Januar 2017 wurde am Sitz von BNP Paribas in Paris eine europaweite Vereinbarung zur Prävention von arbeitsbedingtem Stress unterzeichnet. Vertragspartner sind der Europäische Betriebsrat und zwei europäische Gewerkschaftsverbände. BNP Paribas ist nicht nur größte Geschäftsbank Frankreichs, sondern der gesamten Eurozone. Die neue Vereinbarung gilt für 146.000 Beschäftigte in 23 Ländern. Ihre Einhaltung wird vom Europäischen Betriebsrat überwacht.

 

Die Vereinbarung definiert zunächst arbeitsbedingten Stress anhand eines Kataloges von Faktoren, danach werden Erfassung und Beurteilung von Stress sowie Präventionsmaßnahmen behandelt. Dazu gehört ausdrücklich die Beschränkung elektronischer Kommunikation auf die normale Arbeitszeit. Am Ende sind Mechanismen aufgeführt, die eine Reduzierung von überhöhtem Stress unterstützen sollen. Eine ähnliche Vereinbarung wurde 2011 für die deutsche Versicherungsgruppe Allianz geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2011). Bei BNP Paribas gibt es bereits zwei weitere Abkommen: eine europaweite Sozialcharta und ein Abkommen über die Gleichbehandlung der Geschlechter (siehe Bericht in den EBR-News 3/2014).

 

Pressemitteilung des Unternehmens

Bericht von der Unterzeichnung

Das Abkommen im Wortlaut


Strategische Personalplanung im französischen Elektrotechnik-Konzern

 

Am 19. Mai 2017 wurde am Konzernsitz von Schneider Electric in Rueil-Malmaison bei Paris eine Vereinbarung zur Beschäftigungs- und Kompetenzentwicklung unterzeichnet. Vertragspartner sind die Vorsitzende des SE-Betriebsrats als Beauftragte der zentralen Leitung (den Betriebsratsvorsitz hat in Frankreich grundsätzlich der Arbeitgeber) und der Europäische Industriegewerkschaftsbund (industriALL). Sie gilt für 45.000 Beschäftigte in 29 europäischen Ländern. Weltweit hat Schneider Electric 144.000 Beschäftigte.

 

Erstmals wird mit der neuen Vereinbarung eine "Europäische Beobachtungsstelle für Beschäftigung und Qualifikationen" geschaffen, um auf Grundlage verschiedener Indikatoren einen Gesamtüberblick über die Entwicklung der Beschäftigung über mehrere Jahre zu erhalten. Jeder Arbeitnehmer hat jedes Jahr Anspruch auf ein Gespräch über die berufliche Entwicklung und zur Erstellung eines persönlichen Karriereplans sowie auf mindestens sieben Stunden Weiterbildung. Bei Neueinstellungen werden 42% Frauen und 50% junge Menschen berücksichtigt. Die Vereinbarung beschreibt auch den Umgang mit Restrukturierungen und listet eine Reihe von Maßnahmen auf, die in allen Unternehmenseinheiten in Europa einzuhalten sind. In jedem Land, in dem es bisher noch keine Arbeitnehmervertretung gibt, soll baldmöglichst eine errichtet werden.

 

Der neue Text ist eine erhebliche Erweiterung der erstmals 2007 geschlossenen Vereinbarung, als der Arbeitgeber die Initiative dazu ergriffen hatte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2007). 2014 wandelte sich Schneider Electric in eine Europäische Gesellschaft (SE) um und der Europäische Betriebsrat wurde durch einen SE-Betriebsrat ersetzt. Sechs Arbeitnehmervertreter gehören dem Verwaltungsrat der SE mit beratender Stimme an (siehe Bericht in den EBR-News 2/2014).

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

Die Vereinbarung im Wortlaut


Italienischer Lebensmittelhersteller fördert Arbeitsschutz europaweit

 

Am 31. Mai 2017 wurde in Parma eine europaweit geltende Vereinbarung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz für Barilla, den Weltmarktführer bei Pastaprodukten geschlossen. Parma ist das Zentrum für Käse-, Schinken- und Nudelspezialitäten in der norditalienischen Provinz Emilia-Romagna. Über 8.000 Beschäftigte hat das Familienunternehmen in fünf EU-Ländern und verfügt seit 2000 über einen Europäischen Betriebsrat. Er hat gemeinsam mit EFFAT, dem europäischen Dachverband der Lebensmittelgewerkschaften, den Vertrag unterzeichnet.

 

Mit der Vereinbarung soll eine Unternehmenskultur der Arbeitssicherheit und der Gesundheit gefördert und das Ziel "Null Unfälle" erreicht werden. Barilla verpflichtet sich, alle Arbeitnehmervertretungen bei diesen Themen vollständig einzubeziehen. In den jährlichen Plenarsitzungen des EBR gibt es künftig einen ständigen Tagesordnungspunkt, um sich ausführlich über die Situation in verschiedenen Ländern und Werken auszutauschen. Die zentrale Leitung wird regelmäßig standortbezogene Berichte liefern. Gemeinsam mit dem EBR wird festgelegt, in welchen Standorten und Produktionseinheiten vorrangig einzugreifen ist, um die Gesundheit und Sicherheit zu verbessern. Weiterhin wird es übergreifende, mit quantitativen und qualitativen Zielen verbundene Präventionspläne geben. Ein besonderer Schwerpunkt bildet auch die Verringerung von arbeitsbedingtem Stress. Im Juni 2015 war die EBR-Vereinbarung von Barilla zuletzt aktualisiert worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Die Vereinbarung im Wortlaut

  9. Weltweite Unternehmensvereinbarungen

Norwegischer Personaldienstleister sichert sozialen Dialog weltweit


Am 6. Januar 2017 unterzeichnete die zentrale Leitung von OSM Aviation ein Abkommen mit der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) in London über Koalitionsfreiheit, Tarifbindung und die Anerkennung von Arbeitnehmervertretungen für alle 3.000 Beschäftigten. OSM Aviation rekrutiert und schult in 18 Ländern Piloten und Kabinenpersonal und leiht sie an Fluggesellschaften aus. Wichtigster Kunde ist die norwegische Billigfluggesellschaft Norwegian Air Shuttle. Auf der Grundlage dieses Abkommens erkannte OSM Aviation am 29. März 2017 erstmals eine US-Gewerkschaft als Tarifvertragspartei an. Das Unternehmen baut in den USA gerade Personal auf.

 

Bericht von der Unterzeichnung des Abkommens

Bericht über die Anerkennung der US-Gewerkschaft


Erneuertes Rahmenabkommen bei französischem Paketdienst


Am 14. März 2017 wurde am Sitz von GeoPost in Paris ein internationales Rahmenabkommen unterzeichnet. Der Paketdienst gehört zur staatlichen La Poste und hatte 2001 den Deutschen Paketdienst (DPD) übernommen. GeoPost hatte schon 2005 länderübergreifend Grundsätze der Arbeits- und Sozialpolitik mit den Gewerkschaften vereinbart, als erstes Unternehmen der Kurier-, Paket- und Expressdienstbranche überhaupt. Damals war das Abkommen von der deutschen Gewerkschaft ver.di gemeinsam mit Gewerkschaften aus der Schweiz und Frankreich ausgehandelt worden. Jetzt ist der Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) Vertragspartner. 2013 hatte der Europäische Betriebsrat von GeoPost eine Charta zur sozialen Verantwortung ausgehandelt, die jedoch nur für Europa gilt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2013).

 

Bericht von der Unterzeichnung


Französischer Einzelhandelskonzern schließt erstmals ein Rahmenabkommen


Am 17. März 2017 unterzeichnete die zentrale Leitung von Auchan am Sitz der Holding in Croix in Nordfrankreich (bei Lille) ein internationales Rahmenabkommen mit UNI, dem Dachverband der Gewerkschaften im Dienstleistungssektor. Auchan ist in 16 Ländern der Welt vertreten und hat 345.000 Beschäftigte, davon ein Drittel in China. Der zweitgrößte französische Einzelhandelskonzern nach Carrefour hatte im Jahr 2013 das gesamte Osteuropa-Geschäft der deutschen Metro-Gruppe gekauft und verfügt seit 1996 über einen Europäischen Betriebsrat.

 

Bericht von der Unterzeichnung

  10. Interessante Webseiten

Beobachtung von Arbeitsmarktreformen


Seit Herbst 2016 betreibt das Europäische Gewerkschaftsinstitut in Brüssel die Webseite "Reformswatch" mit Hintergrundinformationen aus allen 28 EU-Ländern. Für jedes Land sind Basisdaten über die Arbeitsbeziehungen abrufbar, ergänzt durch aktuelle Meldungen über Reformen im Arbeitsrecht und Entwicklungen der Tarifpolitik sowie bei Arbeitskämpfen. Einen besonderen Schwerpunkt legt die Webseite auf Reformen der Altersversorgung.

 

Die Webseite Reformswatch


Interaktive Gefährdungsbeurteilung in 25 Sprachen


Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) stellt Online-Werkzeuge zur Verfügung, um Gefahren am Arbeitsplatz besser einschätzen zu können. Es stehen bereits mehr als 120 verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, die auf 60 Wirtschaftszweige und Berufe zugeschnitten sind und in allen 25 EU-Sprachen genutzt werden können.

 

Beschreibung der Online-Gefährdungsbeurteilung

Überblick über die verfügbaren Werkzeuge


Soziale Gestaltung von Industrie 4.0


Seit März 2015 betreibt die IG Metall einen Internet-Blog zur Zukunft der Arbeit. Dort geht es um die Auswirkungen von Digitalisierung, Virtualisierung und Industrie 4.0 und deren soziale Gestaltung. Das Diskussionsforum richtet sich auch an Betriebsräte und präsentiert beispielhafte Projekte aus einzelnen Unternehmen und Eckpunkte für Betriebsvereinbarungen.

 

Der Blog zur Zukunft der Arbeit


Deutsch-amerikanischer Gewerkschaftsaustausch


Im Mai 2016 nahm das Transatlantic Labor Institute seine Arbeit auf. Es befindet sich in einem Vorort von Nashville, der Hauptstadt von Tennessee, nahe einer Fabrik von General Motors. Die Bildungseinrichtung wurde von der IG Metall und der US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW gemeinsam gegründet. In den traditionell gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten siedeln sich immer mehr deutsche Automobilhersteller und -zulieferer an, ohne eine Arbeitnehmervertretung zu akzeptieren. Bei Volkswagen hatte es im Dezember 2015 erstmals einen kleinen Durchbruch gegeben (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015). Dennoch weigert sich die Werksleitung bis heute beharrlich, in konkrete Verhandlungen einzutreten.

 

Bericht über die Gründung des Instituts

Die Facebook-Seite des Instituts

Bericht über die aktuelle Situation bei Volkswagen

  11. Neue Publikationen

Arbeitsbeziehungen in elf EU-Ländern nach der Krise

 

Im März 2017 legte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf diesen Sammelband vor, der sich mit Veränderungen des Sozialen Dialogs nach der Finanzmarktkrise beschäftigt. Die Autoren untersuchen die Entwicklungen ab 2013, als viele Länder begannen, sich von der Krise zu erholen. Als positive Beispiele gelten Deutschland, Frankreich, Schweden und die Niederlande, wo der Soziale Dialog sowohl während der Finanzmarktkrise als auch in der Zeit danach weitgehend erhalten blieb. In Spanien und Irland gab es einen Bruch mit der Sozialpartnerschaft vor der Krise. In Finnland ist der Soziale Dialog während der Finanzmarktkrise fortgeführt, in den Jahren danach aber beendet worden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017). In Mittel- und Osteuropa gilt die Slowakei als positives Beispiel, weil die Deckungsrate von Tarifverträgen durch gesetzliche Maßnahmen verbessert werden konnte. Weiterhin enthält die Studie auch Analysen zu Litauen, Slowenien und Belgien.

 

Download der Studie


Betriebsrat und Arbeitsschutz in Deutschland und Spanien

 

Im April 2017 ist diese Dissertation erschienen – ein Ländervergleich über die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung im spanischen und deutschen Recht beim Umgang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Hierfür zeichnet die Autorin auch die Entstehung der spanischen Gesetzgebung zum Arbeitsschutz nach, erläutert die Rolle der Arbeitssicherheitsbeauftragten und des Arbeitsschutzausschusses in Spanien sowie in Deutschland. Interessant für deutsche Betriebsräte ist das Buch nicht nur beim Arbeitsschutz, denn es stellt ausführlich die Grundlagen der betrieblichen Arbeitnehmervertretung und das Konzept von Unterrichtung und Anhörung des spanischen Betriebsrates dar. Bei der Verletzung von Beteiligungsrechten greifen spanische Gerichte in letzter Zeit immer härter durch (siehe Bericht in den EBR-News 2/2014).

 

Weitere Informationen mit Leseprobe

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Gewerkschaften in Deutschland und Großbritannien

 

Anfang Juni 2017 ist diese Dissertation erschienen, die sich dem Wandel der industriellen Beziehungen und den gewerkschaftlichen Dachverbänden in Deutschland (DGB) und im Vereinigten Königreich (TUC) widmet. In beiden Ländern kämpfen die Gewerkschaften mit rückläufigen Mitgliederzahlen und sinkender Tarifbindung. Der Autor untersucht hier, wie sie auf die weltweite Finanzmarktkrise von 2008 reagiert haben und welche Krisensymptome in Großbritannien und Deutschland erkennbar waren. In einem eigenen Kapitel arbeitet er heraus, vor welchen nationalen, europäischen und internationalen Herausforderungen die Gewerkschaften beider Länder heute stehen und wo sie strategisch voneinander lernen können.

 

Kurzbeschreibung der Dissertation

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Einführung in das italienische Arbeitsrecht

 

Im Juni 2017 ist dieses Taschenbuch erschienen, das in deutscher Sprache einen ausführlichen Überblick über das aktuell geltende Arbeitsrecht Italiens bietet. In den Jahren 2014 und 2015 wurden mit den Reformen der Regierung Renzi unter dem Titel "Jobs Act" zahlreiche Neuerungen vorgenommen, die durchgängig in diesem Buch berücksichtigt und im ersten Kapitel im Detail aufgelistet sind. Die Autoren aus Südtirol geben auch einen geschichtlichen Rückblick. Schaubilder, Beispiele und knappe Antworten auf exemplarische Fragen sowie ein Glossar mit Fachausdrücken erleichtern den Zugang. Ein eigenes Kapitel behandelt auf 30 Seiten das kollektive Arbeitsrecht mit den Themen Gewerkschaft, Tarifvertrag und Streik. Im Juli 2016 war ein weiteres Handbuch in Südtirol erschienen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016).

 

Online-Bestellung des Buches

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

EBR-Grundseminar auf Schloss Montabaur


Vom 18. bis 22. April 2017 fand das jährliche Grundseminar für Mitglieder Europäischer Betriebsräte in Montabaur statt. Dabei wurden neben den Arbeitsbeziehungen der größten EU-Länder vor allem die Weiterentwicklung der EBR-Arbeit durch gezielte Nutzung der Anhörungsrechte behandelt. Da die Blaupause für das Konsultationsverfahren aus Frankreich stammt, waren die dortigen Erfahrungen ein Seminarschwerpunkt. Das nächste Grundseminar findet nach den Betriebsratswahlen 2018 statt.


SE-Betriebsrat bereitet sich auf zweite Amtszeit vor


Am 9. und 10. Mai 2017 tagte der SE-Betriebsrat von Fuchs Petrolub im Werk Kaiserslautern. Die zehn Mitglieder ließen sich von der EWC Academy über die Zuständigkeit und Rolle eines SE-Betriebsrates schulen. Da im Jahr 2018 Neuwahlen anstehen, wurden auch die Wahlmodalitäten der beteiligten Länder behandelt. Der Hersteller von Schmierstoffen befindet sich in Familienbesitz und hatte 2013 eine SE-Vereinbarung geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2013).


Schulung in zwei Medienkonzernen


Vom 15. bis 17. Mai 2017 fand die halbjährliche Sitzung des SE-Betriebsrates von ProSiebenSat.1 Media in Unterföhring (bei München) statt. Wie im vergangenen Jahr führte die EWC Academy eine Schulung zum Konsultationsverfahren durch. Das Medienunternehmen hatte 2015 die Umwandlung in eine SE vollzogen und die Regelung zum "Tendenzschutz" genutzt, um den Aufsichtsrat frei von Arbeitnehmervertretern zu halten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).


Vom 13. bis 15. Juni 2017 tagte der SE-Betriebsrat von Axel Springer in Berlin. Mit Unterstützung der EWC Academy wurde über die mögliche Rolle des Gremiums insbesondere bei der Akquisition neuer Geschäftseinheiten im Online-Bereich in den europäischen Nachbarländern und über Merkmale einer korrekten Unterrichtung und Anhörung diskutiert. Mit derzeit 15.000 Beschäftigten ist das Verlagshaus zunehmend im Bereich Multimedia tätig und hatte 2014 die Umwandlung in eine SE gewählt, um die Mitbestimmung im Aufsichtsrat weiter zu vermeiden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2014).

 

Bericht über eine geplante Akquisition in Frankreich

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 732 Arbeitnehmervertreter aus 264 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht etwa 21% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


Seminar zur neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung

2018 werden die Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten in der EU vereinheitlicht. Das Gesetzesprojekt war von der ehemaligen Justizkommissarin Viviane Reding (Foto) initiiert worden. Die seit 1995 geltende Datenschutzrichtlinie wird durch die Datenschutz-Grundverordnung ersetzt. Ab Mai 2018 wird auch das Bundesdatenschutzgesetz wird nicht mehr gelten. Vom 3. bis 5. Juli 2017 findet dazu ein Seminar in Mainz statt.

 

Dieses Seminar kann auch Inhouse gebucht werden

 

Im Mai 2017 führten wir dieses Seminar z. B. für alle deutschen Betriebsratsmitglieder im US-Telekommunikationskonzern Verizon in dessen Büroräumen in Frankfurt durch. Auf Wunsch organisieren wir das Seminar auch gerne außer Haus, z.B. in Hamburg.


US-Tagung für Betriebsratsmitglieder

 

Vom 18. bis 20. September 2017 findet in Berlin die fünfte Fachtagung zu den industriellen Beziehungen in den USA statt. Neben einem Rückblick auf die historische Entwicklung wird insbesondere die aktuelle Situation nach den Präsidentschaftswahlen beleuchtet. Das Seminar richtet sich an Betriebsräte aus US-Unternehmen wie auch aus europäischen Unternehmen mit wichtigen Standorten in den USA. Zu den Referenten gehören Hermann Nehls, derzeit Sozialreferent für Arbeitsmarkt, Gesundheit und Soziales an der Deutschen Botschaft in den USA, und Thomas Greven, Dozent am John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der FU Berlin und ehemaliger Mitarbeiter im Büro von Bernie Sanders.


Sprachkurs: Business-Englisch für Betriebsräte

 

  • 15. - 20. Oktober 2017 in Dublin

Weitere Informationen über unsere Sprachkurse

 

Das genaue Programm kann bei uns angefordert werden.


Shared Service Center in Mittel- und Osteuropa

Vom 18. bis 20. Oktober 2017 findet ein Seminar in Danzig statt. Es richtet sich an Betriebsräte, die mit der Verlagerung von Abteilungen (Shared Service Center) nach Mittel- und Osteuropa konfrontiert sind. Es besteht die Möglichkeit, sich über den Umgang mit solchen Verlagerungen auszutauschen. Die Arbeitsbeziehungen in Polen und die Rolle polnischer Delegierter im EBR werden ebenfalls behandelt.


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 20.789 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 3.698 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 3.671 Empfänger

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