Nr. 2/2025
30. Mai 2025    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 2 / 2025 der EBR-News  

Inhalt

  1. Endfassung der neuen EBR-Richtlinie liegt vor
  2. Weitere Entwicklungen auf europäischer Ebene
  3. Berichte aus einzelnen Ländern
  4. Aktuelle Gerichtsentscheidungen
  5. Neueste Statistiken zu EBR und SE
  6. Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung
  7. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Webseiten und digitale Tools
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Endfassung der neuen EBR-Richtlinie liegt vor

Trilog-Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen

Nach einer längeren Abendsitzung war die endgültige Einigung in den frühen Morgenstunden des 21. Mai 2025 erreicht (auf dem Foto zeigt die Uhr im Hintergrund genau 1.40 Uhr). Die Verhandlungen im Trilog mit Vertretern des Europäischen Parlaments, des Ministerrats und der Europäischen Kommission hatten am 6. Februar 2025 begonnen, mit sehr entfernten Positionen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025). Die vorläufige Einigung über den Text der neuen EBR-Richtlinie stellt für das Europäische Parlament und die Gewerkschaften einen Erfolg dar. Sie konnten nach Einschätzung von Verhandlungsteilnehmern ihre Forderungen zu 80% umsetzen.

 

Den Gesetzentwurf zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie hatte die Europäische Kommission bereits im Januar 2024 vorgelegt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2024). Alle wichtigen, darin enthaltenen Punkte wurden - teilweise mit kleinen redaktionellen Änderungen - in die Endfassung aufgenommen. Die bedeutendsten Neuregelungen sind folgende:

 

  • Künftig gibt es zwei Plenarsitzungen pro Jahr, und zwar in Präsenz. Die Sitzung kann nur hybrid oder als Videokonferenz stattfinden, wenn der EBR ausdrücklich zustimmt (Vetorecht).
  • Es gibt weiterhin keine Frist für die Durchführung von Konsultationsverfahren, anders als für den nationalen Betriebsrat in Frankreich (siehe Bericht in den EBR-News 1/2014).
  • Sachverständige des EBR können künftig an allen Sitzungen mit dem Management teilnehmen und dürfen nicht mehr ausgeschlossen werden. Dies betrifft insbesondere US-Unternehmen.
  • Kosten für Gerichtsverfahren müssen künftig immer vom Unternehmen getragen werden, was ein integraler Bestandteil jedes Betriebsrätesystems ist. In manchen Ländern gab es dazu bisher aber keine Klarheit. Außerdem müssen alle EU-Länder der Europäischen Kommission melden, wie der Rechtsweg im nationalen EBR-Recht aussieht. Damit sollen Probleme wie in Irland künftig vermieden werden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).
  • Künftig müssen alle angemessenen Kosten für Sachverständige, einschließlich Rechtsexperten, von der zentralen Leitung getragen werden. Die Begrenzung auf nur einen Sachverständigen entfällt.
  • Alle "freiwilligen" EBR-Vereinbarungen, die erstmals bis September 1996 geschlossen wurden, müssen in Übereinstimmung mit der neuen EBR-Richtlinie gebracht werden. Dazu beträgt die Verhandlungszeit zwei Jahre. Scheitern diese Verhandlungen, droht nicht mehr die Auflösung des EBR, sondern es gelten sofort die subsidiären Vorschriften (EBR "kraft Gesetz").
  • Für die Einstufung von Informationen als "vertraulich" gelten künftig objektive Kriterien und eine Frist, zu der die Vertraulichkeit endet.
  • Wird die Geschlechterquote von 40% der Sitze im EBR nicht eingehalten, muss dies gegenüber der Belegschaft begründet werden.

 

Negative Aspekte

 

Das Europäische Parlament und die Gewerkschaften konnten nicht durchsetzen, dass bei Verstößen gegen EBR-Recht Maßnahmen wie z. B. Massenentlassungen vorübergehend gerichtlich gestoppt werden können. Auch wurden Geldstrafen nicht an die Datenschutz-Grundverordnung angeglichen. Vielmehr soll jedes EU-Land die Höhe von Geldstrafen selber festlegen, was zu Unterbietungswettlauf und gerichtlichen Auseinandersetzungen führen kann. Negativ ist auch die lange Umsetzungszeit von drei Jahren, bis die Neuregelungen vollständig greifen.

 

Die nächsten Schritte

 

Das Verhandlungsergebnis im Trilog muss noch formal verabschiedet werden. Das Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments wird am 5. Juni 2025 darüber abstimmen, das Plenum voraussichtlich am 19. Juni 2025. Der Ministerrat hat die neue EBR-Richtlinie in seiner Sitzung am 19./20. Juni 2025 auf der Tagesordnung. Eine Einstimmigkeit ist nicht erforderlich, daher müssen nicht sämtliche EU-Länder zustimmen. Wird dieser Zeitplan eingehalten, kann die neue EBR-Richtlinie im Juli oder August 2025 in Kraft treten.

 

Pressemitteilung des Ministerrates

Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Pressemitteilung des Europäischen Parlaments

 

Veranstaltungshinweis

 

Nach Inkrafttreten muss eine große Zahl von EBR-Vereinbarungen innerhalb von zwei Jahren angepasst werden. Um sich darauf gut vorzubereiten, bieten wir vom 7. bis 10. Oktober 2025 ein Seminar in Würzburg an.

 

Das Programm des Seminars

  2. Weitere Entwicklungen auf europäischer Ebene

Neuer Schwung für den sozialen Dialog?

Am 5. März 2025 wurde ein "Pakt für den europäischen sozialen Dialog" unterzeichnet, der die Rolle der Sozialpartner bei der Gestaltung der Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik stärken soll. Der soziale Dialog ist ein institutionell verankertes Dialogforum zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden mit Beteiligung der Europäischen Kommission zu sozialpolitischen Fragen, das es schon seit 1985 gibt und Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der EU ist.

 

Die Europäische Kommission ist verpflichtet, die Sozialpartner vor jeder Gesetzesinitiative im Arbeits- und Sozialrecht anzuhören und ihnen die Möglichkeit zu geben, Vereinbarungen zu diesen Themen auszuhandeln, die im Wege des EU-Rechts umgesetzt werden können. Davon wird allerdings kaum noch Gebrauch gemacht, weil die Positionen von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zu weit auseinanderliegen. Zuletzt scheiterten im November 2023 die Verhandlungen über Telearbeit und das Recht auf Nichterreichbarkeit (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023).

 

Die Ausarbeitung des neuen Paktes war im Januar 2024 auf einem Sozialgipfel vereinbart worden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2024). Für die Gewerkschaften ist dabei besonders wichtig, dass sie weiterhin Fördergelder der EU bekommen, insbesondere zum Aufbau von Kapazitäten in Mittel- und Osteuropa. Die Europäische Kommission wird einen eigenen Beauftragten für den sozialen Dialog ernennen.

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

Der Pakt im Wortlaut


Sozialer Schutz bei Umstrukturierungen gefordert

Am 13. März 2025 nahm das Europäische Parlament in Straßburg eine Entschließung zu den sozial- und beschäftigungspolitischen Aspekten von Umstrukturierungen und dem notwendigen Schutz von Arbeitsplätzen und Arbeitnehmerrechten an. Initiatorin ist die belgische Sozialistin Estelle Ceulemans, die von 2018 bis zu ihrer Wahl ins Europäische Parlament im Juni 2024 Generalsekretärin des Gewerkschaftsbundes FGTB war.

 

Die Entschließung ist jetzt die offizielle Position des Europäischen Parlaments über die Sicherung von Arbeitnehmerrechten bei Umstrukturierung. Sie will darüber hinaus die Mitbestimmung und die soziale Verantwortung der Unternehmen stärken. Der Text fordert außerdem Investitionen in Innovationen und Zukunftssektoren, um die strategische Autonomie Europas zu sichern und hochwertige Arbeitsplätze im Rahmen eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität zu schaffen. Hierzu soll die Europäische Kommission einen Fahrplan vorlegen, um die 2017 vereinbarte "Europäische Säule sozialer Rechte" konkret umzusetzen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Die Entschließung hat eine besondere Bedeutung, weil die Europäische Kommission derzeit keine arbeitsrechtlichen Initiativen ergreifen und mit "Omnibus"-Paketen soziale Standards zurückfahren will (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025).

 

Die Entschließung im Wortlaut


EU verschiebt Berichtspflichten zur Überwachung von Lieferketten

Seit Juli 2024 ist die umstrittene Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht für Umweltschutz und Menschenrechte ("Corporate Sustainability Due Diligence") in Kraft. Die Mitgliedsstaaten sollten zwei Jahre Zeit haben, sie in nationales Recht umzusetzen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2024). Diese Frist wird um ein Jahr verlängert. Am 3. April 2025 stimmte das Europäische Parlament mit 531 gegen 69 Stimmen bei 17 Enthaltungen im Eilverfahren für einen Vorschlag der Europäischen Kommission ("Omnibus-I-Paket"), um die Rechtsvorschriften in den Bereichen Nachhaltigkeit bzw. Investitionen zu vereinfachen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025).

 

Gleichzeitig müssen europäische Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten und über 1,5 Milliarden € Jahresumsatz sowie Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU mehr als 1,5 Milliarden € Umsatz machen, die Sorgfaltspflichten erst ein Jahr später ab Juli 2028 befolgen. Die Stichtage von Juli 2028 und Juli 2029, zu denen Gruppen von kleineren Unternehmen die Regeln anwenden müssen, bleiben unverändert. Die Hans-Böckler-Stiftung hatte zuvor gewarnt, dass die Kürzung und Verschiebung von Berichtspflichten eine Verschlechterung der Transparenz zur Folge haben, Qualität und Effektivität der Berichterstattung beeinträchtigen und damit die politischen Klimaziele gefährden könnte.

 

Pressemitteilung des Europäischen Parlaments

Die Richtlinienänderung im Wortlaut

Die Position der europäischen Gewerkschaftsverbände

Die Position der Hans-Böckler-Stiftung

  3. Berichte aus einzelnen Ländern

Tschechisches Parlament verhindert Abschaffung des Kündigungsschutzes

Am 7. März 2025 beschloss das Abgeordnetenhaus in Prag eine große Reform des Arbeitsrechts. Eine umstrittene Klausel, die Kündigungen ohne Angabe von Gründen erlaubt hätte, wurde abgelehnt. Neben der Opposition lehnten auch die regierenden Christdemokraten die Klausel ab, zwei rechtskonservative Regierungsparteien stimmten dafür. Nach Auffassung des böhmisch-mährischen Gewerkschaftsbundes ČMKOS würde die vollständige Abschaffung des Kündigungsschutzes sämtliche Arbeitnehmer der Willkür ihres Arbeitgebers aussetzen. Entlassungen aus Gründen des Alters, des Geschlechts, des Gesundheitszustands oder der Gewerkschaftstätigkeit wären möglich und würden Angst verbreiten, für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen einzutreten. ČMKOS hatte seine Streikbereitschaft erklärt, bis hin zu einem Generalstreik.

 

Die übrigen Teile des Gesetzespaketes wurden dagegen von allen Seiten begrüßt. Dazu gehören die Verlängerung der Probezeit, eine für beide Seiten vorteilhafte Flexibilisierung der Kündigungsfrist und ein auf zwei Jahre ausgedehnter Anspruch auf den ursprünglichen Arbeitsplatz nach Elternurlaub. Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird von 65 auf 80% des bisherigen Nettoeinkommens erhöht, später aber allmählich auf 40% abgesenkt. Personen ab 52 Jahren erhalten länger Arbeitslosengeld. Künftig können auch die Löhne in € ausgezahlt werden. Unternehmen dürfen schon seit Anfang 2024 ihre Buchhaltung in € führen und Steuern in € zahlen. Damit will die Regierung den geplanten Beitritt zur Gemeinschaftswährung forcieren (siehe Bericht in den EBR-News 1/2024). Die Änderungen treten am 1. Juni 2025 in Kraft. Das Arbeitslosengeld wird ab 2026 angepasst. Tschechien hat die niedrigste Arbeitslosenquote der EU und leidet unter Fachkräftemangel (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Pressebericht zur geplanten Reform

Kurzleitfaden zum tschechischen Arbeitsrecht


Besserer Schutz für Arbeitnehmervertreter in der Schweiz

 

Am 21. März 2025 beschloss die Regierung der Schweiz ein Paket aus 13 Maßnahmen, um die hohen Löhne in der Schweiz vor der Unterbietung durch Entsendebetriebe aus der EU zu schützen, vor allem im Baugewerbe. Es soll verhindert werden, dass EU-Firmen Schweizer Preise verlangen und ausländische Löhne zahlen. Auf die Einzelheiten hatten sich Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kantone zuvor verständigt. Damit ist ein wichtiges Hindernis für die Zustimmung des Landes zu einem neuen Abkommen zur Vertiefung der Beziehungen mit der Europäischen Union beseitigt. Im Mai 2021 war ein vergleichbares Rahmenabkommen an genau diesen Fragen noch gescheitert (siehe Bericht in den EBR-News 3/2021).

 

Bestandteil des Paketes zur Absicherung des aktuellen Lohnschutzniveaus ist auch die Stärkung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ("Gesamtarbeitsverträge"). Die Schweiz nimmt seit Jahren über bilaterale Verträge am Europäischen Binnenmarkt teil, der Arbeitnehmerfreizügigkeit beinhaltet. Durch "Flankierende Maßnahmen" wurden negative Folgen abgemildert und damit auch die Verbreitung von Tarifverträgen erhöht. Will man Tarifverträge stärken, müssen gewerkschaftlich aktive Arbeitnehmer geschützt sein. Das Schweizer Kündigungsrecht entspricht hier allerdings nicht den völkerrechtlichen Standards. Bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf ist eine Klage gegen die Schweiz anhängig. Mit einer Gesetzesänderung sollen daher gewählte Arbeitnehmervertreter zukünftig besser vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden.

 

Pressebericht über den Regierungsbeschluss

Die Forderungen der Gewerkschaften zum Lohnschutz

Manifest der Gewerkschaft Unia


Änderungen für Betriebsräte und Gewerkschaften in Deutschland

 

Seit dem 6. Mai 2025 hat Deutschland wieder eine "Große Koalition" aus Christdemokraten und Sozialdemokraten, so wie zuletzt zwischen 2013 und 2021. Der Koalitionsvertrag will für die steigenden Herausforderungen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz in der Arbeitswelt einen Rahmen setzen und sozialpartnerschaftliche Lösungen fördern. Vorgesehen ist eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, damit künftig neben Online-Betriebsratssitzungen auch Online-Betriebsversammlungen und Online-Wahlen möglich sind. Damit soll die Reform vom Juni 2021 erweitert werden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021).

 

Die Tarifbindung, die in Deutschland nur bei 49% liegt, soll gestärkt werden. Dazu gehört, dass die Gewerkschaften ein digitales Zugangsrecht in die Betriebe bekommen, um Mitglieder zu werben und über ihre Tarifverträge zu informieren. Im Januar 2025 hatte das Bundesarbeitsgericht dies auf Basis der aktuellen Rechtslage noch abgelehnt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025). Außerdem soll die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize für Mitglieder attraktiver gemacht werden. Der gesetzliche Mindestlohn, der 2022 erst bei 9,82 € lag, soll bis 2026 auf 15 € pro Stunde steigen.

 

Kein Wort zu Europäischen Betriebsräten und Mitbestimmung im Aufsichtsrat

 

Die Stärkung Europäischer Betriebsräte und der Mitbestimmung in europäischen Unternehmen stand schon 2013 im Koalitionsvertrag der Großen Koalition (siehe Bericht in den EBR-News 4/2013), wurde jedoch nie umgesetzt. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung war 2021 sogar von einem Stopp der Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung die Rede (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Bis zum Bruch der Koalition im November 2024 wurde dies ebenfalls nicht umgesetzt. In dem aktuellen Koalitionsvertrag ist dieses Thema mit keinem Wort erwähnt. Das deutsche Lieferkettengesetz (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023) soll abgeschafft werden.

 

Der Koalitionsvertrag im Wortlaut

Überblick über die arbeitsrechtlichen Vorhaben

Bewertung des Koalitionsvertrages durch den Deutschen Gewerkschaftsbund

  4. Aktuelle Gerichtsentscheidungen

Grundsatzentscheidung über Geldstrafen nach der Datenschutz-Grundverordnung

Am 13. Februar 2025 entschied der Europäische Gerichtshof über die Bemessung von Geldstrafen bei Datenschutzverstößen. Nach der Datenschutz-Grundverordnung, die seit Mai 2018 in Kraft ist (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016), müssen diese "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein und können bis zu 4% des weltweiten Umsatzes im letzten Geschäftsjahr betragen. Im konkreten Fall war strittig, ob der Umsatz des gesamten Konzerns oder nur des angeklagten Betriebes herangezogen wird.

 

Das Urteil bezieht sich auf einen Rechtsstreit in Dänemark. Die Datenschutzbehörde beschuldigte den Möbelhändler Ilva, zwischen Mai 2018 und Januar 2019 im Rahmen der Speicherung der Daten von ehemaligen Kunden gegen Datenschutzrecht verstoßen zu haben. Das Unternehmen mit Sitz in Århus ist Marktführer in Dänemark und in mehreren skandinavischen Ländern vertreten. Nach Meinung der Datenschutzbehörde sollte die Geldbuße 1,5 Mio. Kronen (200.000 €) betragen. Das Strafgericht der ersten Instanz orientierte sich am Umsatz des betroffenen Betriebes und setzte nur 100.000 Kronen (13.400 €) als Strafe fest. Das Berufungsgericht legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, der den Konzernumsatz als Bemessungsgrundlage sieht, wenn es eine "wirtschaftliche Einheit" ist, auch wenn diese aus mehreren juristischen Personen (Tochtergesellschaften) besteht.

 

Relevanz auch für das EBR-Recht

 

Da die Formulierung "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" auch für Sanktionen in der EBR-Richtlinie gilt, wäre bei Verstößen gegen EBR-Recht an die gleiche Bemessungsgrundlage zu denken. Ob hier 4% des weltweiten Umsatzes im letzten Geschäftsjahr als Höchstgrenze gelten, wurde noch nicht entschieden. Das Europäische Parlament fordert dies, Gerichte haben aber nur Geldstrafen von bis zu 44.000 € verhängt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Das Urteil im Wortlaut

Bericht über das Urteil


Geldstrafen wegen verspäteter Umsetzung der Hinweisgeber-Richtlinie

Am 6. März 2025 verurteilte der Gerichtshof der Europäischen Union fünf Länder zu Geldstrafen, weil sie die "Whistleblower-Richtlinie" zu spät ins nationale Recht umgesetzt hatten. Deutschland muss 34 Mio. € an Strafe zahlen, Tschechien, Ungarn, Estland und Luxemburg zwischen 2,3 Mio. und 375.000 €. Die Richtlinie ist seit Dezember 2019 in Kraft und schützt Hinweisgeber, die illegale Aktivitäten, Gesetzesverstöße und Fehlverhalten melden, vor Repressalien (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019).

 

Die Richtlinie wurde von keinem einzigen EU-Land pünktlich bis Dezember 2021 ins nationale Recht umgesetzt. Erst mit großer Zeitverzögerung ist dies inzwischen überall erfolgt, zuletzt in Polen, wo das Gesetz im September 2024 in Kraft trat. Gegen Polen wurde bereits im April 2024 eine Geldstrafe von 7 Mio. € verhängt, zuzüglich einer täglichen Geldstrafe von 40.000 €, bis die Auflagen erfüllt sind. Im Dezember 2020 ist ein Praxisleitfaden für Arbeitnehmervertreter zu diesem Thema erschienen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).

 

Pressemitteilung des Gerichtshofs

Das Urteil gegen Deutschland

Bericht über das Urteil

  5. Neueste Statistiken zu EBR und SE

Rückgang bei EBR-Gründungen, starker Anstieg bei SE-Betriebsräten

Seit zwanzig Jahren pflegt das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) eine Online-Datenbank mit den Texten von EBR- und SE-Vereinbarungen, die als wichtigste Quelle bei der Recherche gilt. Die Arbeit des Instituts wird von der Europäischen Union finanziell unterstützt. Die Datenbank liefert auch Statistiken, die kürzlich auf den neuesten Stand gebracht wurde. Seit 1985, als der erste EBR in einem französischen Konzern gegründet wurde, sind insgesamt 1.800 Europäische Betriebsräte und SE-Betriebsräte entstanden. Ein Drittel davon existiert jedoch nicht mehr, meist als Folge von Unternehmensfusionen.

 

Derzeit gibt es 1.233 aktive Europäische Betriebsräte und SE-Betriebsräte. Besonders stark war die Zunahme 1996 im Zusammenhang mit der Verabschiedung der EBR-Richtlinie. Damals wurden 450 EBR-Vereinbarungen gezählt, davon 202 Neugründungen. Auch 2008 wurden besonders viele EBR-Vereinbarungen angesichts der bevorstehenden Revision dieser Richtlinie überarbeitet. Seither geht die Kurve (blau in der Grafik) stark nach unten, 2024 wurden nur noch 45 Neugründungen registriert. Völlig anders entwickelt sich die Neugründung von SE-Betriebsräten, so der Name des Europäischen Betriebsrates in Unternehmen mit der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Diese basieren auf der SE-Richtlinie und können erst seit 2004 gebildet werden. Momentan gibt es 227 SE-Betriebsräte, davon allein 176 in Deutschland. Alle zwei Wochen kommt ein neuer hinzu. 2018 wurden in ganz Europa erstmals mehr SE-Betriebsräte als Europäische Betriebsräte neu gegründet. Es gibt in deutschen Unternehmen inzwischen mehr SE-Betriebsräte (176) als Europäische Betriebsräte (117). Grund dafür ist die Möglichkeit der SE-Richtlinie, aus der deutschen Mitbestimmung zu flüchten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024). In den meisten EU-Ländern sind SE-Betriebsräte dagegen völlig unbekannt.

 

Konsequenzen des Brexit nicht statistisch untersucht

 

Nach wie vor arbeiten die meisten Europäischen Betriebsräte nach deutschem Recht, darunter finden sich auch einige Unternehmen aus den USA und der Schweiz. An zweiter Stelle folgt Frankreich. Vor dem Brexit belegte Großbritannien den dritten Platz, darunter waren auch Unternehmen aus den USA. Nach dem Brexit verlegten die meisten den EBR nach Irland (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021), genaue Statistiken dazu fehlen aber. Danach folgen Belgien, Schweden und die Niederlande. Viele osteuropäische Länder beherbergen keinen einzigen EBR, weil es dort keine Konzernzentralen gibt. Sie sind aber in westeuropäischen EBR-Gremien mit Delegierten vertreten. Nur 3% der Europäischen Betriebsräte und 6% der SE-Betriebsräte haben keine Vereinbarung geschlossen, weil Verhandlungen mit der zentralen Leitung scheiterten. Sie arbeiten als EBR bzw. SE-Betriebsrat "kraft Gesetz", was in der täglichen Arbeit häufig mit Konflikten verbunden ist.

 

166 Rechtsstreitigkeiten seit 1997

 

Die Datenbank registriert auch Gerichtsverfahren zum EBR- und SE-Recht, im Durchschnitt sind es jedes Jahr sechs Fälle. Meistens entstehen Konflikte über Umfang und Zeitpunkt von Unterrichtung und Anhörung bei Umstrukturierungen. Höhepunkt war das Jahr 2008, als es 16 Gerichtsverfahren gab. Die bedeutendste Entscheidung der gesamten EBR-Rechtsprechung war der Fall Gaz de France in Frankreich (siehe Bericht in den EBR-News 1/2008). Von 166 bekannten Gerichtsverfahren konnte etwa die Hälfte außergerichtlich beigelegt werden. In den ersten Jahren nach Inkrafttreten der EBR-Richtlinie wurden die meisten Klagen in Frankreich eingereicht, später verlagerte sich das Geschehen nach Großbritannien. Auch nach dem Brexit gibt es dort Gerichtsverfahren, weil das britische EBR-Gesetz nicht aufgehoben wurde. Besonders spektakulär war das Verfahren beim Personaldienstleister Adecco aus der Schweiz, das bis zum Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs führte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2024).

 

In Deutschland scheiterte 2011 der Versuch, eine Werksschließung in Spanien mit einer einstweiligen Verfügung zu stoppen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011). In Österreich entschied der Oberste Gerichtshof 2023 EBR-Fragen von europaweiter Bedeutung (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023). Im Juli 2025 wird sich erstmals der Oberste Gerichtshof von Irland mit EBR-Recht befassen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025). Im SE-Recht gab es 2024 zwei Grundsatzentscheidungen, die für die Arbeitnehmerseite sehr negativ ausgegangen sind (siehe Bericht in den EBR-News 4/2024).

 

Die EBR-Datenbank

Überblick über die neuesten Statistiken

Zusammenstellung von einschlägigen Gerichtsentscheidungen

  6. Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung

Deutsches Familienunternehmen vermeidet paritätische Mitbestimmung

Am 15. Januar 2025 wurde in Ratingen eine SE-Vereinbarung für Trox geschlossen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Neukirchen-Vluyn (Niederrhein) hat weltweit 5.000 Beschäftigte und ist Weltmarktführer bei Raumbelüftung und -klimatisierung. Im Zuge der SE-Umwandlung wurde die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat auf ein Drittel (zwei von sechs Sitzen) eingefroren. Die zwei Arbeitnehmervertreter werden künftig aus der Mitte des SE-Betriebsrates gewählt, der den seit 2017 bestehenden Europäischen Betriebsrat ersetzt.

 

Er hat neun Mitglieder, davon fünf aus Deutschland, und vertritt zehn EU-Länder zuzüglich Norwegen. Kleine Länder teilen sich ein Mandat, werden aber zu Sitzungen eingeladen, wenn sie direkt betroffen sind. Hinzu kommen je ein Gastdelegierter aus Großbritannien und der Schweiz. Der SE-Betriebsrat tagt zweimal im Jahr in Präsenz und wählt einen geschäftsführenden Ausschuss aus drei Mitgliedern. Alle weiteren Sitzungen finden als Video- oder Telefonkonferenz statt. Er hat ein Zutrittsrecht zu allen Betrieben im Geltungsbereich der SE-Vereinbarung und kann die Belegschaften in allen Ländern über eine eigene Intranet-Präsenz informieren. Für Anhörungen in außergewöhnlichen Umständen gilt eine Frist von sieben Wochen inklusive einer Präsenzsitzung des SE-Betriebsrates. Erst danach darf die zentrale Leitung ihre Restrukturierungspläne umsetzen. Bei Streitigkeiten aus der SE-Vereinbarung ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen, das mit einem verbindlichen Schlichterspruch endet.

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung


Hersteller von Haustechnik schließt Mitbestimmung im Aufsichtsrat komplett aus

Am 29. April 2025 wurde für die TECE-Gruppe mit Sitz in Emsdetten (Münsterland) eine SE-Beteiligungsvereinbarung unterzeichnet. Das Familienunternehmen stellt an fünf Standorten mit 1.700 Beschäftigten Sanitärsysteme her. Die 14 Mitglieder im künftigen SE-Betriebsrat vertreten 17 Länder im Europäischen Binnenmarkt. Das größte Land ist Polen mit 660 Beschäftigten, gefolgt von Deutschland mit 580 (je vier Mandate). Die 170 Beschäftigen in Spanien wählen zwei Delegierte, Länder mit kleinen Vertriebsniederlassungen sind nicht vertreten. Zwei Plenarsitzungen im Jahr finden in Präsenz statt, eine dritte ohne die zentrale Leitung als Videokonferenz. Der Vorsitzende und zwei Stellvertreter bilden den geschäftsführenden Ausschuss, sie tagen in der Regel per Video. Das gleiche gilt für sonstige Ausschüsse, die der SE-Betriebsrat bilden kann.

 

Die Belegschaft ist von einer Mitbestimmung im Aufsichtsrat dauerhaft ausgeschlossen. Dafür erhält der SE-Betriebsrat Kopien aller Unterlagen der Hauptversammlung der Aktionäre, Tagesordnungen von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat sowie Nachhaltigkeitsberichte. Die Unterrichtung und Anhörung des SE-Betriebsrates folgt der Auffangregelung der SE-Richtlinie inklusive des für eine SE typischen doppelten Anhörungsverfahrens. Anmerkungen und Vorschläge des SE-Betriebsrates sind mit dem ernsthaften Ziel einer tatsächlichen Einflussnahme auf die geplanten Entscheidungen zu erörtern. Erst nach einer zweiten Sitzung mit dem SE-Betriebsrat kann die zentrale Leitung Maßnahmen umsetzen. Dokumente werden nicht durch menschliche Übersetzer, sondern mit digitalen Übersetzungstools in die jeweilige Landessprache übersetzt.

 

Anspruch auf Belegschaftsversammlungen

 

Der SE-Betriebsrat hat ein Zutrittsrecht zu allen Niederlassungen im Binnenmarkt. Er kann sogar Belegschaftsversammlungen in allen Ländern durchführen, in denen es keine Arbeitnehmervertretung gibt. Hierzu werden Reisekosten und Simultanverdolmetschung durch die zentrale Leitung finanziert. Im Laufe des Jahres 2026 wird ein neues Werk in Novska (Kroatien) eröffnet und die Produktion aus Wuppertal (Deutschland) dorthin verlagert.


Statusverfahren bei chinesischem Batteriehersteller

Am 6. Mai 2025 stellte der Betriebsrat von Contemporary Amperex Technology Thuringia (CATL) einen Antrag an das Landgericht Erfurt, im Rahmen eines Statusverfahrens die Zusammensetzung des Aufsichtsrates gerichtlich festzustellen. Bisher gibt es bei CATL weder eine Drittelbeteiligung noch eine paritätische Mitbestimmung, obwohl in Deutschland etwa 2.400 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Ein vergleichbares Statusverfahren läuft seit April 2024 auch bei der Direktbank N26 in Berlin (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024). Die Frage hat eine besondere Brisanz bekommen, nachdem am 18. Februar 2025 die Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft (SE) eingeleitet wurde und damit eine Mitbestimmung im Aufsichtsrat komplett ausgeschlossen werden kann. Am 30. April 2025 führte die EWC Academy eine Schulung für die deutschen Betriebsratsmitglieder durch (Foto).

 

CATL ist der größte Hersteller von Batterien für Elektroautos der Welt mit einem Marktanteil von 40% und zählt heute zu den zehn größten Automobilzulieferern weltweit. Im Dezember 2022 wurde der erste Produktionsstandort außerhalb Chinas in Arnstadt (Thüringen) in Betrieb genommen. Bis Ende 2025 soll ein Werk in Debrezin (Ungarn) hinzukommen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2023). In Saragossa (Spanien) will CATL gemeinsam mit Stellantis ein großes Batteriewerk bauen. Da es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Beschäftigten außerhalb Deutschlands gibt, gehören dem Besonderen Verhandlungsgremium nur zehn deutsche Mitglieder an.

 

Pressebericht über den Rechtsstreit bei N26

Kurzbericht über Sozialpartnerschaft in chinesischen Unternehmen

Studie über die Mitbestimmungspraxis in Betrieben mit chinesischen Investoren

  7. Gründung von Europäischen Betriebsräten

Japanischer Chemiekonzern greift neuer EBR-Richtlinie vor

Am 18. Dezember 2024 wurde für den Graphit- und Rußhersteller Tōkai Carbon eine EBR-Vereinbarung geschlossen. Das Unternehmen mit Sitz in der Nähe von Tokio hatte in den letzten Jahren Produktionsstätten in Frankreich, Deutschland, Italien und Polen akquiriert und ist damit unter den Geltungsbereich der EBR-Richtlinie gefallen. Beliefert wird vor allem die Reifen-, Solarzellen- und Halbleiterindustrie. Der neugegründete EBR arbeitet nach deutschem Recht und vertritt 1.500 Arbeitnehmer in diesen vier Ländern, das Vereinigte Königreich wurde nicht mit einbezogen. Die zentrale Leitung hat ihren Sitz in Wiesbaden.

 

Wie in der neuen EBR-Richtlinie vorgesehen finden zwei Plenarsitzungen im Jahr statt, eine davon als Videokonferenz. Das Präsidium besteht aus drei Mitgliedern und wächst auf bis zu sieben, wenn der EBR größer wird. Viermal im Jahr treffen sie sich mit der zentralen Leitung, davon zweimal in einer Videokonferenz. Außerordentliche Sitzungen finden immer als Präsenzsitzung statt und das Präsidium kann beantragen, dass alle EBR-Mitglieder daran teilnehmen dürfen. Das Konsultationsverfahren bei Restrukturierungen soll normalerweise in sechs Wochen abgeschlossen sein. Der Themenkatalog des EBR beinhaltet die Qualifizierung der Belegschaft bei Transformationsprozessen, die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, Nachhaltigkeit sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz. EBR und zentrale Leitung können Arbeitsgruppen bilden, z. B. zur Digitalisierung.

 

Wie in der neuen EBR-Richtlinie sollen Männer und Frauen jeweils mindestens 40% der Sitze im EBR besetzen. Für die Vertraulichkeit gibt es klare Kriterien. So wird die zentrale Leitung in jedem Einzelfall erklären, ob, warum, wem gegenüber und wie lange Informationen als vertraulich zu behandeln sind. Alle Kosten für die Errichtung, Tätigkeit und Schulung des EBR trägt die zentrale Leitung, auch für Rechtsberatung, Rechtsvertretung und Gerichtsverfahren. Der EBR kann pro Themenfeld je einen bezahlten Sachverständigen hinzuziehen, nicht nur einen pro Sitzung. Auch kann er sich von einem Koordinator des Europäischen Industriegewerkschaftsbundes (industriALL) kontinuierlich begleiten lassen. Der Anspruch auf Schulungen folgt dem deutschen EBR-Gesetz, sowohl Inhouse-Schulungen als auch eine Teilnahme an externen Veranstaltungen sind möglich. Um Streitigkeiten beizulegen, wird eine Schlichtungsstelle aus drei Personen gebildet. Bei Kündigung der EBR-Vereinbarung droht dem EBR keine Auflösung, stattdessen gelten sofort die subsidiären Vorschriften (EBR "kraft Gesetz").


Mexikanischer Verpackungshersteller gründet EBR in Dänemark

Am 26. Februar 2025 wurde am Sitz von Envases Europe in Løsning (Mitteljütland) eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Der Konzern hat 92 Produktionsstätten auf drei Kontinenten mit weltweit 12.000 Beschäftigten und stellt insbesondere Lebensmittel- und Getränkedosen her. Im EBR sind neben Dänemark auch Schweden, Deutschland, Österreich, Ungarn und die Niederlande vertreten. Der EBR kann darüber hinaus auch alle europäischen Belegschaften informieren, z. B. im Vereinigten Königreich.

 

Der EBR-Vorsitzende kommt immer aus Dänemark, der Stellvertreter aus Deutschland. Sie bilden den engeren Ausschuss und nur sie werden in außerordentlichen Umständen informiert. Zusätzlich gibt es ein Sekretariat für Verwaltungsaufgaben aus dem EBR-Vorsitzenden, einem Managementvertreter und einer Sekretärin. Jedes Jahr finden zwei EBR-Sitzungen statt, eine davon als Videokonferenz und Präsenzsitzungen an wechselnden Standorten. Bei den ersten beiden Sitzungen werden als Testlauf nur Flüsterdolmetscher eingesetzt und die Anzahl der Sprachen erheblich reduziert. Die eingesparten Kosten kann der EBR für Sachverständige, Schulungen, Werksbesuche und Kampagnen verwenden.

 

Akquisitionen werden dem EBR erst bekanntgegeben, wenn die Information öffentlich gemacht wurde. Gewerkschaftliche Koordinatoren können an allen Sitzungen teilnehmen, werden aber nicht vom Unternehmen bezahlt. Externe Sachverständige werden bezahlt, können aber nicht an den Sitzungen mit dem Management teilnehmen. Die EBR-Vereinbarung hat eine Laufzeit bis März 2027. Sollte bis dahin keine neue Vereinbarung abgeschlossen sein, gelten automatisch die subsidiären Vorschriften (EBR "kraft Gesetz"). Eine Auflösung des EBR ist nicht vorgesehen.

  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen

Vielfalt und Inklusion bei französischem Umweltkonzern

Am 26. März 2025 wurde in Paris eine Rahmenvereinbarung über Vielfalt und Inklusion für Veolia geschlossen. Sie gilt für 120.000 Beschäftigte im Europäischen Binnenmarkt und im Vereinigten Königreich. Der französische Konzern ist in den Geschäftsfeldern Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft und Energieversorgung tätig.

 

Die Rahmenvereinbarung wurde von einem Besonderen Verhandlungsgremium, das der EBR eigens zu diesem Zweck gebildet hatte, mit der zentralen Leitung ausgearbeitet. Sie enthält zehn Leitlinien für den Umgang mit Geschlechtervielfalt, sexuellen Orientierungen, Behinderungen sowie sozialer und ethnischer Herkunft. Ein Follow-up-Ausschuss mit EBR- und Gewerkschaftsvertretern erhält Zugang zu einer Reihe von Sozialindikatoren, die innerhalb des Konzern erhoben werden. Veolia hat seit 2005 einen Europäischen Betriebsrat mit beispielhaften Regelungen, die im Juni 2015 weiter verbessert wurden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015). Seit Dezember 2013 gibt es eine europaweite Absprache zum Arbeits- und Gesundheitsschutz (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Download der Vereinbarung


Französischer Pflegekonzern will Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessern

Seit dem 10. April 2025 verhandelt der SE-Betriebsrat von Clariane (früherer Name Korian) über eine Verbesserung des Protokolls über Gesundheit, Sicherheit und die Verhütung von Arbeitsunfällen, das im November 2021 erstmals geschlossen wurde (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Seither fanden neun Sitzungen des europäischen Arbeitssicherheitsausschusses statt, um die Umsetzung des Protokolls zu überwachen und zu bewerten. In einem neuen Protokoll will der SE-Betriebsrat folgende Themen zusätzlich aufgreifen: psychosoziale Risiken und Depressionen, Arbeitsorganisation und strukturelle Arbeitsbelastungen, Wohlbefinden am Arbeitsplatz, Fehlzeiten (und die Auswirkungen auf Kollegen), Gewalt durch Dritte sowie Belegungsraten und Personalquoten.

 

Clarine mit Sitz in Paris ist einer der größten börsennotierten Pflegekonzerne Europas. Er hat 63.000 Beschäftigte, die in 1.220 Einrichtungen in Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien, den Niederlanden und Spanien fast 900.000 Menschen versorgen. Der EBR wurde im Juni 2020 gegründet und später in einen SE-Betriebsrat umgewandelt. Im November 2022 unterzeichnete er mit der zentralen Leitung eine gemeinsame Erklärung mit konkreten Empfehlungen zur Stärkung des sozialen Dialogs und zur Verringerung von Fehlzeiten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022).

 

Bericht über den Beginn der Verhandlungen

  9. Der Blick über Europa hinaus

Vestas-Windtechniker in den USA organisieren sich gewerkschaftlich

Am 6. März 2025 gab die Energiegewerkschaft UWUA (Utility Workers Union of America) bekannt, dass sich erstmals eine kleine Gruppe von Technikern des dänischen Windkraftanlagenbauers Vestas in Michigan für eine gewerkschaftliche Interessenvertretung ausgesprochen hat. Sie kritisierten mangelhafte Arbeitsschutzstandards, 16-Stunden-Schichten und Urlaub ohne angemessene Bezahlung. Die UWUA, die in den USA 45.000 Mitglieder hat, wird für sie einen Tarifvertrag aushandeln. Vor der Abstimmung betrieb das Unternehmen eine gewerkschaftsfeindliche Kampagne, um die Tarifbindung zu vermeiden. Derartige Methoden sind in den USA weit verbreitet, auch bei deutschen Automobilkonzernen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024).

 

Pressemitteilung der UWUA

Pressemitteilung des Internationalen Industriegewerkschaftsbundes


Schwedischer Konzern verstößt in den USA gegen eigenes Rahmenabkommen

Am 14. April 2025 wurde eine Delegation von UNI Global, dem internationalen Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften, am Betreten eines Betriebes von Elanders in New Jersey gehindert. In dem Logistikzentrum, das Kunden aus der New Yorker Modeindustrie beliefert, ist die Mehrheit der Belegschaft der Gewerkschaft SEIU beigetreten und fordert einen Haustarifvertrag. Das Management erkannte die Gewerkschaft allerdings nicht an und begann mit Unterstützung von externen Beratern, Druck auf die Belegschaft auszuüben ("Union Busting"). Dies verstößt gegen das internationale Rahmenabkommen, das Elanders im Januar 2009 zeitgleich mit der Errichtung eines Europäischen Betriebsrates unterzeichnet hatte (siehe Bericht in den EBR-News 1/2009). Es beinhaltet das Recht auf Koalitionsfreiheit und Tarifverhandlungen. Das schwedische Druck- und Verpackungsunternehmen wurde durch den Aufkauf der deutschen LGI Logistics Group 2016 zu einem globalen Anbieter für Supply Chain Management, insbesondere Kontraktlogistik.

 

Bericht vom Besuch in New Jersey

Das Rahmenabkommen im Wortlaut


Mindestlohn für Seeleute wird erhöht

Am 15. April 2025 verständigten sich Reeder und Gewerkschaften bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf auf eine Erhöhung des weltweit geltenden Mindestlohns für Seeleute um 6,2%. Ab Januar 2026 beträgt er 690 $ (607 €). Die Schifffahrt ist die einzige Branche mit einem offiziell anerkannten Mindestlohn. Er gilt seit 1958, soll menschenwürdige Arbeit gewährleisten und die Seeleute in die Lage versetzen, ihre Familien zu versorgen.

 

Bericht vom Abschluss der Verhandlungen

Stellungnahme der Internationalen Transportarbeiter-Föderation

  10. Webseiten und digitale Tools

Betriebsrats-App erleichtert die Kommunikation mit der Belegschaft

Seit Januar 2025 ist in Deutschland die "meinBR-App" für Betriebsräte verfügbar. Entwickelt wurde das Kommunikationstool schon vor über fünf Jahren vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Mehr als 250 Betriebsratsgremien in der Alpenrepublik nutzen sie bereits. Die App bietet maßgeschneiderte Funktionen für die flexible, sichere und unabhängige Kommunikation mit der Belegschaft. Sie macht die Arbeit des Betriebsrats sichtbar. Wichtige Informationen können per Push-Benachrichtigung direkt an die Smartphones der Belegschaft gesendet werden. Mit ihr können auch Formulare und Anmeldungen erstellt, verschickt und ausgewertet werden. Die Nutzer haben die Wahl zwischen Smartphone-App und Desktop-Zugang.

 

Erfahrungsberichte über die Nutzung der App

Die App für Österreich

Die App für Deutschland


Forschungsnetzwerk zur Globalisierung der Arbeit

Das Interuniversitäre Forschungszentrum für Globalisierung und Arbeit (CRIMT) beschäftigt sich mit Veränderungen des Arbeitslebens im weltweiten Maßstab. Koordiniert von der Universität Montreal (Kanada) bringt es 184 Wissenschaftler für Arbeitsbeziehungen, Personalmanagement und Arbeitsrecht zusammen. Sie kommen aus 19 Forschungseinrichtungen, viele in Nordamerika, aber auch in Belgien, Frankreich und Großbritannien. Auf der Webseite finden sich eine Reihe von Publikationen sowie Einladungen zu Webinaren und Konferenzen zu internationalen Arbeitsbeziehungen.

 

Die Webseite des CRIMT


Arbeits- und Gesundheitsschutz aus angelsächsischer Perspektive

Seit über 10 Jahren betreibt ein australischer Berater und Journalist den SafetyAtWorkBlog. Er setzt sich dort fundiert und als kritischer Denker mit Sicherheitsproblemen am Arbeitsplatz auseinander. Der Blog hat mehrere australische und US-amerikanische Auszeichnungen als digitale Quelle für Nachrichten und Analysen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz erhalten.

 

Der SafetyAtWorkBlog


Selbsthilfe für benachteiligte Bevölkerungsgruppen

Acorn ist eine internationale Vereinigung mit 250.000 Mitgliedern in 15 Ländern, die wie eine Gewerkschaft für ihre Mitglieder tätig ist, vor allem für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Acorn organisiert  Selbsthilfe, Schulungen, Kampagnen und Forschung zu lokalen Problemen: Wohnkosten, Arbeitslosigkeit, stagnierende Löhne und mangelhafte öffentliche Dienstleistungen. Zu den jüngsten Themen gehören die Zugänglichkeit von Krankenhäusern und die Rolle von Mikrofinanzierung bei der Armutsbekämpfung. Die Vereinigung wurde 2002 in den USA gegründet und hat europäische Ableger in Großbritannien, Irland, Frankreich, Belgien, Italien, Malta und Tschechien.

 

Die Webseite von Acorn

  11. Neue Publikationen

Fallbeispiele zur Mitbestimmung beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI)

Am 5. Februar 2025 publizierte die Hans-Böckler-Stiftung eine empirische Studie unter dem Titel "Bots im Büro - Künstliche Intelligenz und der Wandel von Angestelltenarbeit in der digitalen Transformation". Sie basiert auf 80 Interviews in 21 Unternehmen und enthält zahlreiche Fallbeispiele. Darunter sind ein großer Technologiekonzern, der KI in der Lohnbuchhaltung einsetzt, ein Softwareentwickler, der Chat-Bots im Kundensupport verwendet, ein Logistikdienstleister, der KI für personalwirtschaftliche Zwecke nutzt, eine Großbank, eine Versicherung, ein Start-up und ein Autokonzern. Die Studie untersucht die aktuelle Praxis des KI-Einsatzes und die Veränderungen der Angestelltenarbeit. Die Autoren sehen bei den neuen Tech-Angestellten eine starke ethisch-moralische Orientierung, die Ansatzpunkte für Mitbestimmung bietet. Im Januar 2025 war bereits ein Praxisratgeber zur KI erschienen, der sich an Betriebsräte richtet (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025).

 

Kurzbeschreibung der Studie

Download der Studie

Infoblatt zur gesundheitlichen Belastung von KI-gestützten Systemen


Geschichte des europäischen Dachverbandes der Dienstleistungsgewerkschaften

Am 3. März 2025 ist ein Rückblick auf 25 Jahre UNI Europa erschienen. Der Verband nahm im Januar 2000 seine Arbeit auf, nachdem sich die vier Vorläuferorganisationen zur Fusion entschieden hatten (ähnlich wie 2001 die Entstehung von ver.di in Deutschland). Die Veröffentlichung gliedert sich in drei Kapitel. Der erste Teil zeichnet die Gewerkschaftsgeschichte der vier Gründungsverbände nach: die internationalen Verbände für Angestellte und Techniker, Telekommunikation und Postdienste, Drucker und Grafiker sowie Kunst und Medien. Im zweiten Teil werden die Hauptgründe für die Fusion beschrieben. Der dritte Teil stellt konkrete gewerkschaftliche Aktionen vor, die seit der Gründung umgesetzt wurden. Heute gehören UNI Europa 242 Mitgliedsgewerkschaften in 50 europäischen Ländern an, die zusammen 7 Mio. Beschäftigte in Dienstleistungsberufen vertreten. Die von UNI Europa vertretenen Berufe repräsentieren 60% der gesamten Erwerbsbevölkerung.

 

Kurzbeschreibung der Broschüre

Download der Broschüre


Aktuelle Beschäftigungsentwicklungen in den EU-Ländern

Seit dem 12. März 2025 liegt der jährliche Beschäftigungsbericht der EU vor. Er gibt einen Überblick über die beschäftigungs- und sozialpolitischen Entwicklungen und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Der Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Einen neuen Rekordwert in der EU hat die Beschäftigungsquote erreicht. An der Spitze liegen die Niederlande und Schweden, den größten Nachholbedarf hat Italien. Die höchste Teilzeitquote haben die Niederlande (fast 40%), die niedrigste Bulgarien (weniger als 5%). Die höchste Jugendarbeitslosigkeit gibt es schon seit Jahren in Spanien, die niedrigste in Deutschland. Der Fachkräftemangel zeigt sich besonders stark in Belgien, den Niederlanden, Österreich, Tschechien und Deutschland (in dieser Reihenfolge), gering ist er in Rumänien und Bulgarien. Die Reallöhne steigen wieder, haben aber die Verluste in der Zeit der Corona-Pandemie noch nicht wieder aufgeholt. Die größten Lohnsteigerungen gab es in Rumänien und Ungarn. Neben dem EU-weiten Vergleich enthält der Bericht eine Auswertung für jedes einzelne Land.

 

Download des Beschäftigungsberichts


Leitfaden für Tarifverhandlungen zur Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

Am 20. März 2025 publizierte der Europäische Industriegewerkschaftsbund (industriALL) einen Leitfaden, "der die Gewerkschaften mit den Instrumenten und Strategien ausstatten soll, die erforderlich sind, um Gleichstellung fest auf den Verhandlungstisch zu bringen." Der Bericht ist das Ergebnis eines EU-finanzierten Projekts zur Chancengleichheit in der grünen und digitalen Transformation. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung geht von der Bewertung und Analyse von Ungleichheiten am Arbeitsplatz über eine Anleitung zur Vorbereitung und Durchführung von Verhandlungen bis zu Empfehlungen für die Umsetzung, das Follow-up und die Folgenabschätzung. Ziel ist es, über traditionelle Vorstellungen der Gleichstellung der Geschlechter hinaus auch Formen von Diskriminierung, Belästigung oder Vorurteilen bekämpfen, um Chancengleichheit für alle zu gewährleisten. Dieses Thema wird auch von Europäischen Betriebsräten aufgegriffen. So kam es im November 2024 beim spanischen Bekleidungskonzern Inditex zu eine europaweiten Vereinbarung zur Prävention von Gewalt gegen Frauen und Belästigung am Arbeitsplatz (siehe Bericht in den EBR-News 1/2025).

 

Kurzbeschreibung des Leitfadens

Download des Leitfadens

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Deutsch-polnisches Betriebsräteseminar in Danzig


Vom 2. bis 4. April 2025 fand zum zweiten Mal ein Seminar in Danzig statt (Foto: Seminarteilnehmer vor dem Krantor, dem Wahrzeichen der ehemaligen Hansestadt). Die Teilnehmer, je zur Hälfte aus Deutschland und Polen, tauschten sich über die Arbeitsbeziehungen ihrer Länder und die Arbeitsweise ihrer Europäischen Betriebsräte aus. Polen ist das wichtigste EU-Land in Osteuropa und seine Wirtschaft ist stark mit Westeuropa verflochten. Aus diesem Grund sind polnische Delegierte in mehr als der Hälfte aller Europäischen Betriebsräte zu finden. Polen hat seit Dezember 2023 eine neue europafreundliche Mitte-links-Regierung (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023). Zum Abschluss des Seminars führte ein Gewerkschaftssekretär von Solidarność über die ehemalige Lenin-Werft, Keimzelle der Streiks gegen das kommunistische Regime.


EBR- und SE-Grundseminar auf Schloss Montabaur

Vom 22. bis 25. April 2025 kamen 20 Betriebsratsmitglieder aus neun Unternehmen zum jährlichen Grundseminar im Schulungs- und Tagungszentrum Schloss Montabaur direkt am ICE-Bahnhof auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Köln. Das Seminar war eine Kombination aus den Schnuppertagen für Neueinsteiger mit einem Blick in die Praxis der betrieblichen Arbeitnehmervertretung anderer Länder, einem Training zur internen Kommunikation und dem Einüben eines europäischen Konsultationsverfahrens. Fragen der SE-Umwandlung waren Thema einer eigenen Arbeitsgruppe.


Unilever gliedert Eiskrem-Sparte aus


Der britischen Konsumgüterkonzern Unilever will bis Ende 2025 seine Sparte für Speiseeis ausgliedern und an die Börse bringen. Künftig firmiert sie unter dem Namen "The Magnum Ice Cream Company" mit Sitz in Amsterdam. 2024 erzielte sie einen Umsatz von 8,3 Mrd. €. Der engere Ausschuss des Europäischen Betriebsrates beschäftigte sich am 28. April 2025 erstmals mit der Frage, welche Auswirkungen dies für die Struktur der europäischen Arbeitnehmervertretung haben wird. Von den 36 EBR-Mitgliedern bei Unilever arbeiten neun in der Eiskrem-Sparte. Derzeit werden mit Unterstützung der EWC Academy verschiedene Optionen für die Aufspaltung in zwei getrennte Spartenbetriebsräte und die Zukunft nach dem Börsengang diskutiert.

 

Umstrukturierungen und der Verkauf ganzer Geschäftseinheiten finden bei Unilever häufiger statt, z. B. der Verkauf der Margarinesparte an einen Finanzinvestor (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017). Der EBR betreibt seit Jahren eine Kampagne unter dem Motto "Mensch vor Marge" und konnte damit aufzeigen, dass eine Steigerung der Rentabilität mit den Erwartungen der Belegschaft hinsichtlich Kompetenzen und Fähigkeiten vereinbar ist. Im März 2019 schloss er mit der zentralen Leitung ein Rahmenabkommen zur strategischen Personalentwicklung (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019). Am 27. Mai 2025 konnte der EBR eine dreijährige Garantie der Beschäftigungsbedingungen für die gesamte Belegschaft der Sparte für Speiseeis in allen EU-Ländern sowie im Vereinigten Königreich durchsetzen. Die gesetzliche Garantie bei einem Betriebsübergang beträgt lediglich zwölf Monate.

 

Bericht über die Ausgliederung der Sparte

Bericht über die dreijährige Beschäftigungsgarantie

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 981 Arbeitnehmervertreter aus 326 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Darunter sind auch 30 Unternehmen in der Rechtsform SE (Europäische Aktiengesellschaft). Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


EBR- und SE-Seminar in Paris

Vom 23. bis 25. September 2025 findet zum fünften Mal ein Seminar in Paris in deutscher Sprache statt. Ziel ist ein besseres Verständnis der Betriebsverfassung und des Gewerkschaftssystems in Frankreich. Wichtig ist dies für Arbeitnehmervertreter auf europäischer Ebene insbesondere auch deshalb, weil die Merkmale von Unterrichtung und Anhörung der EBR- und SE-Richtlinie stark vom französischen Vorbild geprägt sind. Das besondere Highlight des Seminars ist der Besuch einer Fachmesse für französische Betriebsräte.

 

Das Programm des Seminars

Bericht vom letzten Seminar in Paris


Seminar zur Neuverhandlung von EBR-Vereinbarungen in Würzburg

Vom 7. bis 10. Oktober 2025 findet das jährliche juristische Seminar im Schloss Steinburg in Würzburg statt. Die neue EBR-Richtlinie wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 noch verabschiedet. Da die neuen Standards nicht in allen Fällen automatisch greifen, muss eine große Zahl von EBR-Vereinbarungen angepasst werden. Dafür gelten besondere Regelungen und die Verhandlungszeit ist auf zwei Jahre begrenzt. In diesem Seminar werden die kritischen Punkte behandelt, um sich darauf vorzubereiten.

 

Das Programm des Seminars


18. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Die nächste Hamburger Fachtagung findet am 26. und 27. Januar 2026 statt. Es werden wie immer die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft, Fallbeispiele ("best practice") aus einigen Unternehmen sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht die weitere Entwicklung zur Revision der EBR-Richtlinie. Das genaue Programm der Fachtagung wird nach der Sommerpause vorliegen.


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 24.567 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 4.596 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 4.329 Empfänger

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